Die Umlagebefreiung für grünen Wasserstoff: Herausforderungen für die nächste Runde

Geschrieben von

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Dr. Matthias Lang

Partner
Deutschland

Als Partner unserer internationalen Sektorgruppe Energie- und Versorgungswirtschaft und Mitglied der Praxisgruppe Öffentliches Wirtschaftsrecht biete ich unseren Mandanten kommerzielles Denken und langjährige Expertise in regulatorischen Aspekten rund um Infrastruktur und Energie.

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Anja Holtermann, LL.M.

Associate
Deutschland

Als Associate in unserem Düsseldorfer Team Energierecht berate und vertrete ich internationale Mandanten in energie-, regulatorischen und umweltrechtlichen Angelegenheiten.

Grüner Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger der Energiewende. Durch einen großflächigen Einsatz, vor allem in der Industrie, soll das Erreichen der Klimaziele möglich werden.

Die entsprechenden Inhalte des Koalitionsvertrages lesen Sie hier. Nicht nur das neue Energie-Umlagen-Gesetz, sondern auch der kürzlich veröffentlichte Entwurf der Europäischen Kommission für einen delegierten Rechtsakt zu grünem Wasserstoff bringen neue Herausforderungen mit sich

Mit dem EEG 2021 und der Erneuerbare-Energien-Verordnung wurde es gerade erst ermöglicht, den für die Produktion des grünen Wasserstoffs benötigten erneuerbaren Strom von der EEG-Umlage zu befreien bzw. die EEG-Umlage zu reduzieren. Noch bevor die beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission vorlag und damit die Anwendung der Umlagebefreiung überhaupt möglich werden konnte, verkündete die Bundesregierung im Februar 2022, dass die EEG-Umlage schon zum 01.07.2022 auf null reduziert und ab dem 01.01.2023 vollständig abgeschafft werden solle. Die Reduzierung der EEG-Umlage auf null hat den Gesetzgebungsprozess bereits erfolgreich durchlaufen und tritt zum 01.07.2022 in Kraft, der vollständige Entfall als Teil des EEG 2023, und damit auch der Entfall der Regelung zur Befreiung des grünen Wasserstoffs (§ 69b EEG 2021), befindet sich noch im Gesetzgebungsprozess (siehe näher hier). Während sich also Entwickler, Investoren und Betreiber von Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff letztes Jahr noch auf die Befreiung von der EEG-Umlage und die damit verbundenen wirtschaftlichen Anreize einstellten, entfällt die EEG-Umlage nun schon in wenigen Wochen ohnehin vollständig.

Damit endet die Förderung von grünem Wasserstoff jedoch nicht. Denn das neue Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG), , enthält Regelungen zur Befreiung von grünem Wasserstoff von den noch verbleibenden Energie-Umlagen (KWK-Umlage, Offshore-Netzumlage). Das EnUG befindet sich als Teil des Osterpakets noch im Gesetzgebungsprozess. Nach der 1. Lesung am 12.05.2022 findet aktuell noch die Beratung in den Ausschüssen statt.

Nachfolgend stellen wir Ihnen die wesentlichen Inhalte der Vorschriften des EnUG vor. Da das Gesetz noch nicht beschlossen ist, kann es noch zu einer Änderung der Vorschriften kommen.

Allgemeines zu Erneuerbare-Energien-Umlagen

Mit dem Entfall der EEG-Umlage sollen alle Regelungen zur Finanzierung der erneuerbaren Energien aus dem EEG gestrichen und einheitlich im neuen EnUG geregelt werden. Die Übertragungsnetzbetreiber stellen jährlich den Finanzierungsbedarf für die erneuerbaren Energien fest und erhalten entsprechende Zahlungen von der Bundesregierung aus dem Klima- und Energiefonds. Während die EEG-Umlage entfällt, bleiben andere Umlagen jedoch weiter bestehen. Diese werden von den Letztverbrauchern über die Stromkosten bezahlt und fallen somit auch im Rahmen der Produktion von grünem Wasserstoff an.

Die wesentlichen Regelungen des EnUG in Bezug auf grünen Wasserstoff

Die §§ 25-26 EnUG sollen die Regelungen zur Umlagebefreiung für die Herstellung von grünem Wasserstoff enthalten.

§ 25 EnUG soll regeln, dass sich die Umlagen auf null verringern für den Strom, der zur Herstellung von grünem Wasserstoff verwendet wird. Der Verwendungszweck des grünen Wasserstoffs spielt dabei keine Rolle, die Einrichtung zur Herstellung des grünen Wasserstoffs muss jedoch über einen eigenen Zählpunkt mit dem Netz verbunden und vor dem 1. Januar 2030 in Betrieb genommen werden. Zudem gilt die Umlagebefreiung nicht, soweit der Strom von einem Unternehmen oder selbstständigen Unternehmensteil verbraucht wird, für das die Umlagen schon nach der Besonderen Ausgleichsregelung begrenzt sind. Weiterhin ist die Umlagebefreiung nicht anwendbar auf den Stromverbrauch von Letztverbrauchern, die ein Unternehmen in Schwierigkeiten sind oder gegen die offene Rückforderungsansprüche aufgrund der Unzulässigkeit oder Unvereinbarkeit einer Beihilfe bestehen.

Die Definition für grünen Wasserstoff soll der neue § 26 Abs. 1 EnUG enthalten: „Grüner Wasserstoff ist Wasserstoff, der elektrochemisch durch den Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird.“

§ 26 Abs. 2 EnUG ermächtigt die Bundesregierung zum Erlass einer Rechtsverordnung, mit der weitere Anforderungen an die Herstellung von grünem Wasserstoff gestellt werden können, insbesondere inhaltlicher, räumlicher oder zeitlicher Art. In der Rechtsverordnung soll sichergestellt werden, dass grüner Wasserstoff glaubhaft mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung der Energiewirtschaft vereinbar ist und nur ungeförderter Strom aus erneuerbaren Energien verbraucht werden darf.

Auswirkungen des delegierten Rechtsakts der EU-Kommission zu grünem Wasserstoff

Spätestens seitdem die Europäische Kommission am 20. Mai 2022 den Entwurf des delegierten Rechtsakts zu grünem Wasserstoff veröffentlichte, dürfte abzusehen sein, dass mit einer solchen Rechtsverordnung weitere Anforderungen an die Herstellung von grünem Wasserstoff gestellt werden. Denn der delegierte Rechtsakt sieht vor, dass z.B. nur erneuerbare Energien mit Ausnahme von Strom aus Biomasse verwendet werden dürfen, dass zur Herstellung von grünem Wasserstoff erneuerbare Energien aus neuen Produktionsanlagen verwendet werden müssen und dass die erneuerbare Energie zeitgleich zum grünen Wasserstoff generiert werden muss. Die Konsultationsphase zum Entwurf endete am 17.06.2022, so dass nun abzuwarten ist, ob und welche Änderungen der Entwurf des delegierten Rechtsaktes noch erfährt. Der delegierte Rechtsakt wird nach Inkrafttreten auch unmittelbar in Deutschland anwendbar sein, er entfaltet jedoch unmittelbar nur im Verkehrssektor Auswirkungen, dort insbesondere im Rahmen der Treibhausgasminderungsquote. Mit Auswirkungen auf weitere Sektoren dürfte zu rechnen sein, so dass der delegierte Rechtsakt aller Wahrscheinlichkeit nach auch für die Umlagebefreiung für grünen Wasserstoff relevant werden wird. Zu den Inhalten des delegierten Rechtsaktes finden Sie einen detaillierteren Beitrag hier.

Die Anforderungen zur Qualifizierung als grüner Wasserstoff auf europäischer Ebene sind damit deutlich enger als bislang im EnUG vorgesehen. Mit einer Angleichung und damit strengeren Anforderungen an die Herstellung von grünem Wasserstoff ist zu rechnen.

Herausforderungen für Betreiber von Anlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff

Grundsätzlich wird die Umlagebefreiung im EnUG ähnlich zur vorherigen Regelung im EEG 2021 bzw. der Erneuerbare-Energien-Verordnung geregelt. Durch den Entfall der EEG-Umlage spielt die Umlagebefreiung keine so große Rolle mehr wie zuvor, aber kann bei Vorliegen der Voraussetzungen doch zu wirtschaftlichen Anreizen für die Herstellung von grünem Wasserstoff führen.

Auch wenn das EnUG im Rahmen des Osterpakets noch vor der Sommerpause das Gesetzgebungsverfahren passieren könnte, verbleiben Unsicherheiten. Denn damit die Regeln zur Umlagebefreiung für grünen Wasserstoff zur Anwendung kommen können, bedarf es zum einen noch der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission (§ 68 EnUG). Zum anderen ist, wie oben beschrieben, damit zu rechnen, dass per Rechtsverordnung weitere, strengere Anforderungen an die Herstellung von grünem Wasserstoff gestellt werden. Dies wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Umlagebefreiung auswirken. Hier dürfte auch der oben angesprochene delegierte Rechtsakt der Europäischen Kommission zu grünem Wasserstoff eine große Rolle spielen, der nach dem kürzlichen Ablauf der Konsultationsphase unter Umständen noch weitere Änderungen erfährt.

Vor diesem Hintergrund ist Entwicklern, Investoren und Betreibern von Anlagen zur Herstellung grünen Wasserstoffs zu raten, diese Unsicherheiten zu berücksichtigen, da sich diese auf die Wirtschaftlichkeit der Anlagen auswirken könnten. Insbesondere die Entwicklungen auf europäischer Ebene sollten beobachtet werden, da von einer Angleichung des deutschen Rechts auszugehen ist.

Wir beraten Sie gerne zu individuellen Fragen rund um die Herstellung von (grünem) Wasserstoff.

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