Kein Schadensersatzanspruch bei Verstoß gegen die Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO?

Geschrieben von

Henry Nicolai

Associate
Deutschland

Als Spezialist für Arbeitsrecht in unserem Hamburger Büro und Mitglied der Praxisgruppe Internationales Arbeitsrecht berate ich in allen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.

LAG Düsseldorf: Ein Verstoß gegen Art. 15 DSGVO fällt nicht in den Anwendungsbereich des Art. 82 DSGVO und begründet daher keinen Schadensersatzanspruch nach Art 82 Abs. 1 DSGVO. Zudem muss ein konkreter immaterieller Schaden für einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO dargelegt werden.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat die Klage eines ehemaligen Arbeitnehmers auf Zahlung von Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO wegen einer verspäteten und anfangs unvollständigen Datenauskunft nach Art. 15 DSGVO vollständig abgewiesen (Urt. v. 28.11.2023, Az. 3 Sa 285/23). Das Arbeitsgericht Duisburg hatte dem Kläger erstinstanzlich noch einen Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 10.000 zugesprochen (Urt. v. 23.03.2023, Az. 3 Ca 44/23).

Das LAG Düsseldorf hat in der verspäteten und anfangs unvollständigen Auskunft zwar einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 3 DSGVO und Art 15 DSGVO gesehen. Ein Anspruch auf Schadensersatz aus Art 82 Abs. 1 DSGVO werde dadurch jedoch nicht begründet. Eine bloße Verletzung der Auskunftspflicht aus Art. 15 DSGVO falle nach Auffassung des LAG Düsseldorf schon nicht in den Anwendungsbereich des Art. 82 DSGVO. Die Vorschrift setze haftungsbegründend eine gegen die DSGVO verstoßende Datenverarbeitung voraus. Eine bloße Verletzung der Auskunftspflicht erfülle diese Anforderungen nicht. Zudem fehle es für einen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO an einem immateriellen Schaden. Der vom Kläger im Verfahren angeführte Kontrollverlust über seine persönlichen Daten reiche hierfür nicht aus. 

Arbeitnehmer müssen tatsächlichen Schaden nachweisen

Hinsichtlich des Erfordernisses eines konkreten immateriellen Schadens, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zuletzt bereits klargestellt, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO nicht ausreiche, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen. Vielmehr müsse der betroffenen Person durch den Verstoß auch tatsächlich ein Schaden entstanden sein (EuGH, Urt. v. 04.05.2023, Az. C‑300/21 https://www.twobirds.com/de/insights/2023/germany/eugh-blosser-verstoss-gegen-dsgvo-begruendet-noch-keinen-schadensersatzanspruch).

Schadensersatzanspruch bei Verletzung der Auskunftspflicht weiter offen

Die Frage, ob ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht aus Art. 15 DSGVO überhaupt einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO begründen kann, ist bisher hingegen noch nicht höchstrichterlich entschieden. Der für die Auslegung der DSGVO zuständige EuGH hat sich zu der Frage noch nicht geäußert. Das Bundesarbeitsgericht hat zuletzt zumindest Zweifel angedeutet, ob ein Verstoß gegen Art. 15 DSGVO überhaupt in den Anwendungsbereich des Art. 82 DSGVO falle (BAG, Urt. v. 05.05.2022, Az. 2 AZR 363/21).

Wegfall des Auskunftsanspruchs als Druckmittel des Arbeitnehmers?

Das Fehlen eines Schadensersatzanspruchs bei Verstößen gegen die Auskunftspflicht aus Art. 15 DSGVO hätte insbesondere Auswirkungen auf arbeitsrechtliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch stellt ein mittlerweile gängiges Druckmittel des Arbeitnehmers, insbesondere im Rahmen von Kündigungsschutzprozessen, dar. Dieses würde bei Fehlen eines Schadensersatzanspruchs weitestgehend entfallen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zukünftig zu dieser Frage verhält. Das LAG Düsseldorf hat die Revision gegen das Urteil jedenfalls zugelassen.

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