Aufdachanlagen = Verteilnetze? Werden dezentrale Erzeugungskonzepte bald reguliert?

Geschrieben von

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Dr. Matthias Lang

Partner
Deutschland

Als Partner unserer internationalen Sektorgruppe Energie- und Versorgungswirtschaft und Mitglied der Praxisgruppe Öffentliches Wirtschaftsrecht biete ich unseren Mandanten kommerzielles Denken und langjährige Expertise in regulatorischen Aspekten rund um Infrastruktur und Energie.

tobias buescher module
Dr. Tobias Büscher

Associate
Deutschland

Ich bin Associate in unserem Düsseldorfer Büro und berate zu Fragen des Energie-, Umwelt- und Planungsrechts sowie des Öffentlichen Wirtschaftsrechts insgesamt.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vereinbarkeit von sog. Kundenanlagen mit der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (Urteil vom 28.11.2024, Rs. C-293/23) sorgt weiter für Gesprächsstoff und erhebliche Unsicherheit.

Daran hat auch eine Stellungnahme der Bundesnetzagentur (BNetzA) wenig geändert. Sie verweist im Wesentlichen darauf, dass eine Prüfung im Einzelfall notwendig ist. Anhaltspunkte für diese Prüfung erhofft sich nicht nur die BNetzA von dem noch ausstehenden Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu der vom EuGH beantworteten Vorlagefrage. Das Urteil wird für Mai erwartet.

Warum sind dezentrale Erzeugungskonzepte betroffen?

Dezentrale Erzeugungskonzepte wie Mieterstromprojekte, Modelle der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung aber auch industrielle Eigenversorgungsnetze oder Direktleitungen mit Drittversorgung sind in besonderem Maße von der Unsicherheit betroffen.

Sofern die jeweilige Anschlusssituation als Kundenanlage im Sinne von § 3 Nr. 24a EnWG einzuordnen ist, stellt sich zum einen die grundsätzliche Frage, ob diese nun als reguliertes Netz einzuordnen ist. Bejaht man die Frage, so greifen die Genehmigungspflicht, die Unbundling-Vorgaben und weitere Pflichten. Damit ist beispielsweise unsicher, inwieweit Energielieferungen, die bislang "behind-the-meter" liegen, umlage- und netzentgeltpflichtig werden.

Zum anderen knüpfen aber beispielsweise die Regelungen zum Mieterstrom (§ 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EEG 2023) und zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (§ 42b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnWG) daran an, dass der Strom je

"ohne Durchleitung durch ein Netz"

geliefert wird. Netz beschreibt dabei die Gesamtheit der miteinander verbundenen technischen Einrichtungen zur Abnahme, Übertragung und Verteilung von Elektrizität für die allgemeine Versorgung (§ 3 Nr. 35 EEG 2023).

Wenn infolge der Entscheidung des EuGH Kundenanlagen entgegen der derzeitigen Definition auch als Netz anzusehen wären, lägen die Voraussetzungen für die genannten Regelungen nicht mehr vor.

Was kann man jetzt tun?

Wie beschrieben sind die konkreten Konsequenzen, die sich aus dem Urteil ergeben, derzeit noch nicht absehbar. Relativ sicher ist aber, dass sich etwas ändern wird. Neben der noch ausstehenden Entscheidung des BGH ist auch eine gesetzgeberische Anpassung zu erwarten. Unklar ist, wie genau diese aussehen wird.

Es empfiehlt sich daher,

  • bei bestehenden Anlagen und Konzepten eine Bestandsanalyse vorzunehmen, um einen möglichen Anpassungsbedarf zu ermitteln.
  • bei geplanten Vorhaben, die wahrscheinlich notwendige Anpassungen bereits jetzt vertraglich abzubilden. Jedenfalls sollten die maßgeblichen Verträge die notwendige Flexibilität bieten, das Vertragswerk an das zukünftig geltende Regime anzupassen.

Sprechen Sie uns gerne an, wenn wir Sie unterstützen können.

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