INITIAL COIN OFFERINGS (ICO)

Geschrieben von

michael juenemann module
Dr. Michael Jünemann

Partner
Deutschland

Als Co-Head der globalen Finance & Financial Regulation Praxisgruppen und Leiter der deutschen F Finance & Financial Regulation Praxisgruppe berate ich in den Bereichen des nationalen und internationalen Finanz- und Kapitalmarktrechts sowie im Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht. Zudem bin ich Mitglied der internationalen Steuerungsgruppe unserer Sektorgruppe Finanzdienstleistungen.

 INITIAL COIN OFFERINGS (ICO)

Im Gegensatz zu Bitcoin, die durch das Mining entstehen, werden im Rahmen eines Initial Coin Offerings (ICO) neue virtuelle Coins und im Rahmen eines Initial Token Sales (ITS) neue Token vorab verkauft (im Nachfolgenden nur ICO). Dazu werden Token auf eine Blockchain gesetzt, die sich wie eine native Blockchain-Währung (wie etwa Bitcoin oder Ether) verhalten, aber eben nicht durch Miner selbst geschöpft werden.

Projektfinanzierung

ICOs sind derzeit in aller Munde. Gerade im Start-up-Bereich bietet ein ICO die Möglichkeit, Projekte und Geschäftsideen zu finanzieren, ohne sich in die Abhängigkeit von kontrollfreudigen Anteilseignern (Venture Capital) oder Banken (klassische Fremdfinanzierung durch Darlehen) begeben zu müssen. Allerdings gibt es einige regulierungsrechtliche Stolpersteine zu meistern.

Regulierung – keine Flucht ins Ausland

In Deutschland sind ICOs abhängig von ihrer Ausgestaltung reguliert. Daher erscheint einigen Blockchain-Start-ups, die ein ICO planen, die Rechtslage in Deutschland nicht attraktiv. Sie tragen sich mit dem Gedanken, ihre Token im Ausland (häufig klassische Off-shore Jurisdiktionen) anzubieten (insbesondere britische Überseegebiete wie die Cayman Islands, British Virgin Islands, Jersey, Guernsey und Gibraltar). Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, dass – im Gegensatz zum anwendbaren Vertragsrecht – das zur Anwendung kommende Regulierungsrecht nicht frei wählbar ist und nicht an den Sitzstaat des Unternehmens anknüpft. Insofern gelten grundsätzlich und zusätzlich die regulierungsrechtlichen Bedingungen (je)des Landes, in dem die Token vertrieben werden. Sollen also Token in Deutschland angeboten werden, so gilt auch deutsches Regulierungsrecht. Dies erfordert insbesondere beim Online-Vertrieb von Token genaue Überlegungen zu dem geplanten Vertriebsgebiet für einen ICO.

Ausgestaltung der Tokens und entsprechende Risikohinweise

Entscheidend dafür, ob ein Token reguliert ist, sind die Funktionen, mit welchen der Token ausgestattet werden soll. Es wird umgangssprachlich zwischen Security Token, Utility Token und Currency Token unterschieden. In Abhängigkeit von der konkreten rechtlichen Ausgestaltung des Tokens erwachsen für die verschiedenen Tokenarten unterschiedliche rechtliche Anforderungen. Beispielsweise gehen Token, die aufgrund ihres Designs als Wertpapier zu qualifizieren sind (je nach Ausgestaltung ggf. Security oder auch Equity Token), mit einem entsprechend anderen Aufwand einher als sogenannte Utility Token, die meist nicht unter wertpapierrechtliche Auflagen fallen. Bei ersteren finden beispielsweise die Prospektvorschriften aus dem Wertpapierrecht Anwendung, bei letzteren wiederum können sich Grenzen durch die BaFin-seitigen Regeln ergeben und andererseits das zivilrechtliche Verbraucherschutzrecht greifen. Die Anforderungen und der Umfang erforderlicher Risikoaufklärungen divergiert entsprechend.

Auswahl der Absatzmärkte

Mit Bedacht sollten die Länder gewählt werden, in denen die Token vertrieben werden. Je nach den rechtlichen Rahmenbedingungen des Absatzmarktes ergeben sich unterschiedliche Rahmenbedingungen, die es einzuhalten gilt. Zuletzt hatte selbst die SEC in den USA eine Vollstreckungsanordnung gegen ein Unternehmen erlassen, das einen vermeintlichen Utility Token anbot. Die SEC qualifizierte den Token dennoch abweichend als Wertpapier, da es sich bei den Token um Investmentverträge handle.

White Paper

Das Unternehmen, welches Token herausgeben möchte, beschreibt in der Regel sein Geschäftsmodell in einem sog. White Paper. Darin wird dargelegt, welchem Verwendungszweck die durch den Tokenverkauf erwirtschafteten Einnahmen dienen bzw. welche Gegenleistung dem Tokeninhaber versprochen wird. Das White Paper darf keine für den angestrebten Tokentyp rechtlich unzulässigen Versprechungen enthalten. Da die einzelnen Aussagen des White Papers im konkreten Einzelfall zu beurteilen sind, ist eine gute Rechtsberatung entscheidend.

Begebungsvertrag (AGB)

Entsprechend der Emission von Wertpapieren ist ein sog. Begebungsvertrag zwischen dem Unternehmen, das den Token herausgibt, und dem Ersterwerber zu schließen. Bei diesem schuldrechtlichen Vertrag wird es sich in aller Regel um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handeln. AGB sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die von einer Partei gestellt werden und grundlegende Pflichten und Rechte der Parteien für eine Vielzahl von Verträgen regeln. Gängige Praxis vieler Unternehmer ist es, die AGB anderer ICOs zu kopieren und auf ihr eigenes Geschäftsmodell anzupassen. Wird dabei allerdings auch das anwendbare Recht geändert, hat dies nicht selten die Unwirksamkeit vieler Bestimmungen zur Folge. Das birgt große Risiken: Sollten insbesondere Haftungsregelungen betroffen sein, so kann daraus eine unbeschränkte und somit auch substanzgefährdende Haftung resultieren.

Rechtsform und Haftung

Es gibt keine Vorgaben, wer Token herausgeben kann. Zur Beschränkung monetärer Haftungsrisiken der Entwickler und Unternehmer können die Token durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung verkauft werden. Hierfür eignen sich insbesondere eine GmbH oder eine UG (haftungsbeschränkt).

Verbraucherwiderrufsrechte

Ebenfalls zu klären ist, ob dem Verbraucher beim Verkauf des Tokens ein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht. Denn die Missachtung der Verbraucherschutzvorschriften birgt ein finanzielles Risiko. Wird der Verbraucher nicht über ein bestehendes Widerrufsrecht belehrt, kann es möglich sein, dass dieser sein Widerrufsrecht noch nach einem Jahr ausüben darf und das einst vorausbezahlte Geld herausverlangen kann. Besondere Komplexität erlangt dieses Szenario, wenn er zwischenzeitlich den Token weiterveräußert hat.

Kryptobörse

Voraussetzung für den Verkauf von handelbaren Tokens ist, dass die Token an einer Kryptobörse gelistet werden. Mitunter erwarten die Aufsichtsbehörden zu Recht, dass das für den Handel mit Finanzinstrumenten anwendbare Recht von den jeweiligen Kryptobörsen eingehalten wird. Die Unternehmer, die einen ICO planen, sehen sich also der herausfordernden Aufgabe gegenüber, entsprechende Kryptobörsen zu finden, die über eine ggf. erforderliche Zulassung in den gewählten Absatzmärkten verfügen.

Bewertung durch die BaFin

Die BaFin bietet einen Bewertungsservice für FinTech-Unternehmen an. Diese können die nötigen Unterlagen auf der Website hochladen und erhalten anschließend eine Bewertung zu aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten.

Unser Service

Sie möchten einen Tokensale auf einer Blockchain organisieren oder einen Currency-Coin anbieten? Oder möchten Sie an einem ICO teilnehmen? Gerne beraten wir Sie zu den (aufsichts-)rechtlichen Fragestellungen und möglichen Fallstricken.

Mit freundlicher Unterstützung von Johannes Zimmermann (studentischer Mitarbeiter), Bird & Bird Frankfurt am Main.

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