Bundestag berät über Schnellladegesetz

Geschrieben von

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Dr. Matthias Lang

Partner
Deutschland

Als Partner unserer internationalen Sektorgruppe Energie- und Versorgungswirtschaft und Mitglied der Praxisgruppe Öffentliches Wirtschaftsrecht biete ich unseren Mandanten kommerzielles Denken und langjährige Expertise in regulatorischen Aspekten rund um Infrastruktur und Energie.

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Dr. Tobias Büscher

Associate
Deutschland

Ich bin Associate in unserem Düsseldorfer Büro und berate zu Fragen des Energie-, Umwelt- und Planungsrechts sowie des Öffentlichen Wirtschaftsrechts insgesamt.

Am 15.04.2021 hat der Bundestag in erster Lesung über den Entwurf eines Gesetzes über die Bereitstellung flächendeckender Schnellladeinfrastruktur für reine Batterieelektrofahrzeuge (Schnellladegesetz - SchnellLG) beraten.

Nachdem die Bundesregierung die Förderung elektrisch betriebener Fahrzeuge bereits Ende 2020 bis 2025 verlängert hat und Anfang März das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) beschlossen wurde, wird mit dem SchnellLG bereits über eine weitere Initiative beraten.

Das SchnellLG soll dabei den nächsten Schritt zur Umsetzung des Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung darstellen und einen Teil der bis 2030 geplanten Zahl von 1 Millionen öffentlich zugänglichen Ladepunkten in Deutschland ermöglichen.

Worum geht es?

Um den CO2-Ausstoß im Verkehrssektor zu reduzieren und nachhaltiger zu gestalten soll der Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge in Deutschland ausgebaut werden. Während sich die Anzahl in Deutschland zugelassener elektrisch betriebener Pkw im Jahr 2020 fast verdreifacht hat, wird die flächendeckende Versorgung mit Ladeinfrastruktur – insbesondere im ländlichen Raum – nach wie vor als großes Hemmnis auf dem Weg zu einem größeren Marktanteil gesehen.

Als Instrument, um den Infrastrukturausbau zu beschleunigen, sieht der aktuelle Entwurf ab Sommer 2021 Ausschreibungen für Schnelladestationen an insgesamt 1000 Standorten vor. An diesen Standorten sollen bis 2023 bundesweit für voraussichtlich 1,9 Milliarden Euro Schnellladepunkte mit einer Ladeleistung von mindestens je 150 kW entstehen.

Was wird geregelt?

Der Entwurf sieht vor, dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Ladeinfrastruktur für reine Batteriefahrzeuge an 1000 Standorten (europaweit) ausschreibt. Hierzu soll das Ministerium in einer Verordnung die technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Leistungserbringung festlegen, die von den Auftragnehmern mit Blick auf Flächendeckung, Zugänglichkeit, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Bedarfsgerechtigkeit, Nutzerfreundlichkeit sowie Umweltverträglichkeit des Infrastrukturangebots bei Leistungserbringung zu beachten sind (§ 3 Abs. 3 Satz 1 SchnellLG-E).

Der Zugang zu den Schnellladepunkten soll diskrimierungsfrei zu marktgerechten Bedingungen erfolgen und die Versorgung darf nur mit Strom aus erneuerbaren Energien erfolgen. Die Ausschreibungsbedingungen und -Parameter selbst sind ebenfalls einer konkretisierenden Verordnung vorbehalten. Als groben Rahmen legt der Gesetzentwurf lediglich fest, dass mindestens 10 Lose gebildet werden und sich die Standorte über das gesamte Bundesgebiet verteilen (§ 4 Abs. 1 Satz 3 SchnellLG-E). Maßgeblich für den Loszuschnitt sollen unter anderem die Nutzerbelange und wettbewerblich Belange sein. Auch die Kosteneffizienz der Leistungserbringung und die stromnetzseitige Kosteneffizienz sollen berücksichtigt werden.

Ausdrücklich als Standorte berücksichtigt werden auch Schnelladestationen an Autobahnen, wobei hier – im Rahmen der vergaberechtlichen Möglichkeiten – vorrangig dem bisherigen Tankstellenbetreiber die Errichtung, Unterhaltung und Betrieb von Schnellladepunkten am Tankstellenstandort angeboten werden soll.
Für die Markthochlaufphase erwartet auch der Gesetzgeber, dass ein wirtschaftlicher Betrieb von Schnelladeinfrastruktur nicht möglich sein wird. Entsprechend ist vorgesehen, Wirtschaftlichkeitslücken zu schließen (§ 3 Abs. 6 SchnellLG-E).

Auch soll Betreibern bestehender Infrastruktur, für die die Errichtung zusätzlicher Infrastruktur unzumutbare wirtschaftliche Härten mit sich bringt, ein Andienungsrecht eingeräumt oder diese entschädigt werden können (§ 6 Abs. 3 SchnellLG-E). Vor der Ausschreibung steht eine Bedarfsermittlung des BMVI, die entsprechend der Zielsetzung insbesondere den Mittel- und Langstreckenverkehr in den Blick nimmt.

Einordnung und aktueller Stand

Der Entwurf wurde bereits vom Bundesrat in einer Stellungnahme kritisch betrachtet (BR-Drs. 156/21). Neben handwerklichen Hinweisen, wie auf die uneinheitliche Definition eines Schnellladepunktes im Entwurf und in der Ladesäulenverordnung, regt der Bundesrat an, die Prüfung der Anrechenbarkeit von Pufferspeichern aufzunehmen und im Sinne kleinerer und mittlerer Unternehmen die Mindestzahl der Lose zu erhöhen.

Darüber hinaus kann kritisch gesehen werden, dass sich mit den an die Ladeinfrastruktur gestellten Kriterien allein auf reine Elektrofahrzeuge konzentriert wird. Allerdings besteht für Hybridantriebe auch nicht die gleich dringende Notwendigkeit einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur. Offen bleibt bislang, welche Anforderungen an die Nutzungsabrechnung gestellt werden. Neben der Frage, ob auch hier – wie bei der Novelle der Ladesäulenverordnung – die Implementation von Kartenlesegeräten diskutiert wird, bleibt zu beobachten, welche Entwicklung der Bund mit der erheblichen Investition im Markt anstoßen kann.

Ein Unsicherheitsfaktor für interessierte Infrastrukturbetreiber lässt sich darin erkennen, dass die Rahmenbedingungen der Leistungserbringung auch nach Beauftragung durch das Ministerium festgelegt oder geändert werden können (§ 7 Abs. 3 SchnellLG-E). Ausreichend dafür soll sein, dass sich die Nachfrage verändert (!), neue wissenschaftliche Erkenntnisse, technische Entwicklungen oder veränderte rechtliche Rahmenbedingungen eintreten. Mehrkosten für eine solche Änderung sollen allerdings ausgeglichen werden.

In erster Lesung hat der Bundestag den Entwurf an die Ausschüsse überwiesen. Anschließend wird voraussichtlich wieder das Plenum beraten. Inwieweit der ambitionierte aktuelle Zeitplan gehalten werden kann, bleibt abzuwarten. An der Ausschreibung interessierten Unternehmen ist zu empfehlen, bereits jetzt die Möglichkeit der Bildung von Bietergemeinschaften und nach Inkrafttreten des Gesetzes die Ausschreibungsportale des Bundes im Blick zu haben.

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