COVID-19: GmbH-Gesellschafterversammlungen in der Corona-Krise

Geschrieben von

stefan muench module
Stefan Münch

Partner
Deutschland

Als Partner im Gesellschaftsrecht/M&A-Team in München und Mitglied der Sektorgruppen Technologie und Kommunikation sowie Life Sciences und Gesundheitswesen verfüge ich über umfangreiche Expertise im Gesellschaftsrecht und M&A und ein exzellentes Know-how in den verschiedenen Branchen und Tätigkeitsgebieten unserer Mandanten. Neben meiner juristischen Tätigkeit bin ich Mitglied der Geschäftsführung der deutschen Büros.

GmbH-Gesellschafter und Geschäftsführer stehen aufgrund der COVID-19-Pandemie vor der Herausforderung, ihre Unternehmen sicher durch die Krise zu führen. Gerade in diesem Zusammenhang muss sichergestellt sein, dass Entscheidungen und Beschlüsse der Gesellschafter gefasst werden. Können die Gesellschafter nicht mehr zu Versammlungen zusammentreten, müssen sie auf andere Konzepte zurückgreifen. Ein neues Gesetz verspricht hierzu mehr Flexibilität.

Der vorliegende Beitrag liefert einen Überblick über die Möglichkeiten, weiterhin GmbH-Gesellschafterbeschlüsse zu fassen, um auch in Krisenzeiten handlungsfähig zu bleiben:

Versammlungsverbote und Gesellschafterversammlungen

Vor dem Hintergrund geltender Versammlungs- und Kontaktverbote gewährt ein neues Bundesgesetz (Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, vom 27. März 2020) temporär mehr Flexibilität im Hinblick auf Gesellschafterversammlungen.
Ohne ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag sind reine Telefon- oder Videokonferenzen als Ersatz für eine Präsenzversammlung grundsätzlich unzulässig. Allerdings konnten GmbH-Gesellschafter auch schon vor der COVID-19-Pandemie unter gewissen Voraussetzungen Geselleschafterbeschlüsse ohne physische Versammlung verabschieden. Zum Teil hat der Gesetzgeber diese Voraussetzungen nun weiter gelockert.

Rechtslage vor der COVID-19-Pandemie

Seit Jahren gestattet das Gesetz eine vereinfachte Beschlussfassung für die GmbH. § 48 Abs. 2 GmbHG ermöglicht eine Beschlussfassung ohne Abhaltung einer physischen Gesellschafterversammlung.

Wenn alle GmbH-Gesellschafter damit einverstanden sind, können sie insbesondere im schriftlichen Verfahren über Beschlussgegenstände abstimmen. Ihr Einverständnis zu dieser Verfahrensform können die GmbH-Gesellschafter in Textform (auch per E-Mail) abgeben. Für die Beschlussfassung selbst gelten dann wieder die gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Mehrheitserfordernisse.

Neue Erleichterungen bei der Beschlussfassung ohne physische Gesellschaftersammlung

Mit Wirkung ab dem 28. März 2020 hat der Gesetzgeber zur Unterstützung der Wirtschaft während der COVID-19-Pandemie eine Erleichterung für alle im Jahr 2020 stattfindenden GmbH-Gesellschafterversammlungen verabschiedet. 

Demnach müssen nicht alle GmbH-Gesellschafter der Durchführung des schriftlichen Verfahrens zustimmen. Ein stattdessen gefordertes Mehrheitserfordernis gleich welcher Art lässt sich dem neuen Gesetz allerdings nicht entnehmen. Aus Gründen der Rechtssicherheit empfehlen wir für die Praxis, das Einverständnis der einfachen oder – je nach Beschlussgegenstand - qualifizierten Mehrheit der GmbH-Gesellschafter einzuholen. Wenn sich die notwendige Mehrheit der Gesellschafter mit dem schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt (formlos möglich), ergeht der Gesellschafterbeschluss mit satzungsgemäßer Mehrheit unter Stimmabgabe in Textform (auch per E-Mail möglich).

Diese Erleichterung kommt solchen GmbHs zugute, deren Gesellschaftsvertrag keine ausdrücklichen Regelungen zur Beschlussfassung außerhalb von Präsenzversammlungen enthält oder die den Gesetzeswortlaut von § 48 Abs. 2 GmbHG wiederholen. Für GmbH-Gesellschafterversammlungen per Video- und Telefonkonferenzen bietet das neue Gesetz allerdings keine Erleichterungen. Hierfür müsste der Gesellschaftsvertrag explizite Regelungen vorsehen.

Besondere gesetzliche Formvorschriften müssen weiterhin beachtet werden (z.B. notarielle Beurkundung bei Änderung des Gesellschaftsvertrages).

Der ungewisse Verlauf dieser Krise kann zu weiteren Änderungen der gesetzlichen Vorschriften führen. Insbesondere ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz dazu befugt, die Ausnahmeregelung bis längstens 31. Dezember 2021 zu verlängern, wenn dies aufgrund fortbestehender Auswirkungen der COVID-19-Pandemie geboten erscheint. Dieser Beitrag wird regelmäßig aktualisiert, um Sie über die rechtlichen Aspekte informiert zu halten. Wir stehen bereit, Ihre Fragen rund um die COVID-19-Krise zu beantworten. Sprechen Sie bei Fragen gerne einen unserer Experten jederzeit an.

Zuletzt geprüft am 14. April 2020.

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