Unser Leben hat sich in wenigen Tagen durch COVID-19 und die Reaktionen darauf vollständig geändert. Die Politik reagiert mit einer Vielzahl von Regelungen, die erheblichen Einfluss auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten gerade auch für den Retail & Consumer-Bereich haben. Das betrifft sehr unterschiedliche Rechtsbereiche. Unser Sektoransatz besteht unter anderem darin, Ihnen rechtliche Folgen in den unterschiedlichsten Rechtsbereichen und unsere Ansprechpartner dazu aufzuzeigen.
Dies wollen wir ganz aktuell und konkret im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie tun. Kurz und knapp wollen wir Ihnen die Vielfalt der unterschiedlichen Themen darstellen. Nicht alles ist für jeden interessant, aber manchmal ist man erstaunt, in welchen Bereichen es Themen und/oder Initiativen gibt.
Wir werden versuchen, Sie in den nächsten Tagen und Wochen immer wieder mit aktuellen Themen und Themenüberblicken zu versorgen. Bei Fragen können Sie sich an Ihre Kontaktpersonen bei Bird & Bird sowie alle gelisteten Ansprechpartner wenden.
Retail & Consumer
Für Rückfragen und allgemeine Informationen zum Sektorbereich Retail & Consumer steht Ihnen Dr. Uwe Lüken gerne zur Verfügung.
Öffnungssituation für Läden, Gastronomie etc.
Die Beschränkungen für die den stationären Einzelhandel und auch die Gastronomie, das Hotelgewerbe sind erheblich. Insbesondere im Bereich des Einzelhandels stellen sich eine ganze Reihe insbesondere verwaltungsrechtlicher Fragen. Der Lebensmitteleinzelhandel und andere Spezial-Retailer wie z.B. Drogerien dürfen weiter öffnen. Teilweise sind die Abgrenzungen zwischen den zur Öffnung erlaubten und nicht-erlaubten Geschäftstypen oder zulässigen Kunden nicht einfach, manchmal auch nicht klar. Die Landesgesetze erlauben vielfach Liefer- bzw. auch Abholservices oder sollten nach unserer Ansicht jedenfalls so ausgelegt werden (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). Zudem stellen sich Fragen, wie die Abläufe in den Geschäftslokalen organisiert werden müssen. Verschiedentlich bestehen lokale Sondereinschränkungen oder Einzelfreigaben.
Zu all diesen Fragenkreisen berät unser Team Verwaltungsrecht bereits umfangreich und steht auch Ihnen gerne zur Seite.
Die Produktions- wie auch die Logistikabläufe auf der ganzen Welt werden durch die Beschränkungen aufgrund der Pandemie. Wann liegt höhere Gewalt vor und welche Auswirkungen hat das? Wer trägt welches Risiko in einer Kette? Wie sieht es mit Vertragsstrafen aus? Schadensersatz erfordert Verschulden, für wessen Verhalten hat wer einzustehen? Wann sind gesteigerte Lieferanstrengungen geschuldet und was heißt das? Fragen über Fragen. Hier kommt es nicht nur auf die rechtliche Bewertung an, sondern auf praktische Erfahrungen.
Unser Experten-Team hat schon viele schwierige Situationen mit seinen Mandanten bewältigt und steht Ihnen auch bei den aktuellen Themen zur Seite.
Mobiles Arbeiten bzw. Arbeit von Zuhause hat sich jedenfalls in der aktuellen Situation als eine gute Möglichkeit zur Aufrechterhaltung des Betriebs und zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit von Unternehmen erwiesen. Nichtsdestoweniger bedarf es der Zustimmung des einzelnen Arbeitnehmers oder des Betriebsrates.
Wo erforderlich, empfiehlt es sich, bestehende Regelungen zu Home-Office und mobiler Arbeit auszuweiten oder zu ergänzen. Um die beiderseitigen Interessen und Besonderheiten dieser Arbeitsformen abzubilden, sollten detaillierte arbeitsrechtliche Regelungen vereinbart werden.
Kurzarbeit
Kurzarbeit zeigt sich als das Mittel der aktuellen Stunde, um die wirtschaftlichen Folgen hinsichtlich des regelmäßig größten Kostenblocks der Unternehmen (Personalkosten) abzumildern. Die derzeitige Handhabung der Agentur für Arbeit, sowie des Gesetzgebers ermöglichen vorübergehend schnelle und vergleichsweise leicht umzusetzende Maßnahmen zur Kostenreduzierung von Unternehmen und stellen einen adäquaten Ausgleich der Krisensituation für sowohl Unternehmen als auch Belegschaft dar. Auch Kurzarbeit kann jedoch nur im Einvernehmen mit den Arbeitnehmern oder des Betriebsrats angeordnet werden. Um den unterschiedlichen Anforderungen des einzelnen Betriebs gerecht zu werden, sollten passgenaue Lösungen und Vereinbarungen gefunden werden.
Die Bundesregierung hat ein Hilfsprogramm gestaffelt nach Unternehmensgröße verabschiedet. Kleine Unternehmen bis zu 10 Mitarbeitern sollen Einmalzahlungen von bis zu EUR 15.000,- erhalten. Mittelgroße Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern und EUR 50 Mio. Jahresumsatz können KfW-Kredite in Anspruch nehmen, die in Abhängigkeit gewisser unternehmensbezogener Obergrenzen bis zu einer Milliarde Euro je Unternehmensgruppe betragen können. Die Kredite sind über die Hausbank zu beantragen, wobei für bis zu EUR 10 Mio. vereinfachte Antragsmodalitäten vorgesehen sind. Für größere Unternehmen beabsichtigt die Bundesregierung, Garantien von EUR 400 Milliarden, Maßnahmen zur Rekapitalisierung in Höhe von 100 Milliarden und Kredite von bis zu EUR 100 Milliarden bereitzustellen.
Die Krisensituation erlaubt Unternehmen, auch sonst unübliche Formen der Kooperation einzugehen, sowohl über die Marktstufen hinweg als auch zwischen unmittelbaren Wettbewerbern. Insbesondere soweit Kooperationen dazu dienen, Engpässe mit medizintechnischen und pharmazeutischen Produkten oder solchen des täglichen Bedarfs wie insbesondere Lebensmittel zu vermeiden und eine ungestörte Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen können kartellrechtlichen Bedenken in den Hintergrund treten. Die Kartellbehörden in ganz Europa haben hierzu (über das ECN, European Competition Network) eine Stellungnahme verbreitet, die dies klarstellt und betont, dass man gegen notwendige Schritte der Unternehmen nicht vorgehen werde.
Zugleich haben die Kartellbehörden allerdings auch betont, dass sie mit Nachdruck gegen Unternehmen vorgehen werden, die durch Abstimmung untereinander oder im Wege einseitigen Verhaltens die Preise für krisenbedingt besonders wichtige Produkte (wie Gesichtsmasken und Desinfektionsmittel) unangemessen in die Höhe treiben.
Generell regen die Kartellbehörden an, dass Hersteller die Einführung kartellrechtlich zulässiger Höchstpreisbindungen in Betracht ziehen, um auch in der Vertriebskette den überteuerten Verkauf ihrer Produkte zu verhindern.
Wie etwa jüngste Kooperationsvorhaben von online-Händlern mit stationären Händlern zeigen („Händler helfen Händlern“), löst die Krise neuartige Formen der Zusammenarbeit aus, die kartellrechtskonform sein können. Dies gilt entsprechend auf Herstellerebene. Es ist allerdings ratsam, dies im einzelnen zu prüfen und das ausdrückliche Angebot des Bundeskartellamts und anderer Kartellbehörden in Betracht zu ziehen, Vorhaben auf informellem Wege mit der Behörde abzustimmen.
Auch im Bereich Datenschutz stellen sich viele Fragen. Was darf ich wen fragen (Erkrankungen, Symptome, Auslandsreisen etc.)? Hier gibt es eine erhebliche Überschneidung zum Arbeitsrecht, soweit es um Mitarbeiter geht. Es stellt sich aber auch die Frage bei Besuchern für Geschäftsräume, etwa ob man den Zugang von einer Körpertemperaturmessung abhängig machen kann. Wie und wie lange darf ich dann erhobene Daten verarbeiten und speichern? Mit wem darf ich sie teilen? Darf oder muss ich sogar Behörden, Mitarbeiter und/oder Geschäftspartner bei bestimmten Sachverhalten informieren?
Zu solchen Fragenkreisen berät unser Team IT / Datenschutz. Kommen Sie gerne auf uns zu.
Ihre Ansprechpartner: Dr. Fabian Niemann / Lennart Schüssler
Mietrecht
Die Bundesregierung hat den Entwurf eines „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vorgelegt. Nachdem der Bundestag bereits am 25. März 2020 über das Gesetz abgestimmt hat, folgt am Freitag, den 27. März 2020, die Abstimmung im Bundesrat. Der Entwurf sieht vor, dass für Mietverhältnisse über Grundstücke oder Räume das außerordentliche Kündigungsrecht des Vermieters bei Zahlungsverzug des Mieters zeitweise eingeschränkt wird. Wegen Zahlungsverzugs aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Miet- oder Pachtschulden auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Dies gilt sowohl für Wohn- als auch für Gewerberaummietverträge und für Pachtverhältnisse entsprechend. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt aber im Grundsatz bestehen. Die Aussetzung des Kündigungsrechts wegen COVID-19 bedingten Verzugs gilt bis zum 30. Juni 2022. Hat der Mieter oder Pächter die Zahlungsrückstände auch nach diesem Datum noch nicht beglichen, soll der Vermieter wieder kündigen können.
Der Entwurf des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht enthält auch insolvenzrechtliche Regelungen, welche die Fortführung von Unternehmen ermöglichen sollen, die infolge der COVID-19-Pandemie insolvent geworden sind oder zu werden drohen. Der Entwurf sieht insbesondere vor, dass die Pflicht der Geschäftsleitung des insolventen Unternehmens oder des Vorstands des Vereins zur Stellung eines Insolvenzantrags bis zum 30. September 2020 ausgesetzt ist. Dies gilt aber nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht oder wenn keine Aussichten auf eine Beseitigung der bestehenden Zahlungsunfähigkeit bestehen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, so soll eine Vermutung gelten, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Zudem soll für einen dreimonatigen Übergangszeitraum auch das Recht der Gläubiger begrenzt werden, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen. Für Gläubigerinsolvenzanträge ist dann Voraussetzung für die Eröffnung des Verfahrens, dass der Eröffnungsgrund bereits am 1. März 2020 vorlag.
Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (verabschiedet vom Bundestag am 25. März 2020) enthält auch eine gesetzliche Stundungsregelung für Verbraucherdarlehensverträge, die vor dem 15. März 2020 geschlossen wurden. Verbraucher müssen Tilgungsleistungen und Zinszahlung, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig sind, erst nach einer Stundungsperiode von drei Monaten ab jeweiliger Fälligkeit zahlen. Damit der Verbraucher von dieser Regelung profitieren kann, muss die Zahlung für ihn durch die COVID-19-Pandemie unzumutbar geworden sein. Hierzu zählt insbesondere, wenn der angemessene Lebensunterhalt des Verbrauchers gefährdet ist. Gleichzeitig ist die Kündigung durch den Darlehensgeber wegen einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verbrauchers oder der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheiten bis zum 30. Juni 2020 ausgeschlossen. Die Regelung gilt jedoch nicht, sollte dem Darlehensgeber die Stundung und der Kündigungsausschluss nicht zumutbar sein. Teilzahlungsgeschäfte und Finanzierungshilfen sind von dem Anwendungsbereich nicht erfasst. Für diese soll das allgemeine Moratorium für Dauerschuldverhältnisse von Verbrauchern gelten.
Ihr Ansprechpartner: Johannes Wirtz, LL.M.