Das Internet-Bewertungsportal Yelp darf Gesamtbewertungen von Unternehmen weiterhin auf eine automatisierte Auswahl stützen

Geschrieben von

simon hembt Module
Dr. Simon Hembt

Associate
Deutschland

Senior Associate für gewerblichen Rechtsschutz, Urheberrecht und Branchenregulierung – spezialisiert auf Künstliche Intelligenz, Digitale Medien und Games.

Es entsteht kein verzerrtes Gesamtbild für Nutzer, wenn die Plattform Yelp seine in Sternen ausgedrückte Bewertung auf eine Auswahl stützt, die eine Software zuvor automatisiert auswählte. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 14. Januar 2020 im Streit zwischen einer Betreiberin von Fitnessstudios und dem Internet-Bewertungsportal Yelp (Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 496/18 (u.a.)).

Worum ging es? 

Auf Yelp können Nutzer Unternehmen wie Restaurants bewerten, indem sie ein bis fünf Sterne vergeben und Texte über ihre Erfahrungen verfassen. Das Portal stuft die Bewertungen täglich und automatisiert durch eine Software als „empfohlen“ oder als „momentan nicht empfohlen“ ein. Die Gesamtbewertung ergibt sich aus dem Durchschnitt der „empfohlenen“ Nutzerbeiträge. Unter der Bezeichnung des Unternehmens listet Yelp die „empfohlenen“ Beiträge auf und verweist via Link auf die „momentan nicht empfohlenen“ Beiträge. Das Portal erläutert, dass die eingesetzte Software die Beiträge nach Qualität, Vertrauenswürdigkeit und bisheriger Aktivität des Nutzers filtere. So wolle die Plattform Gefälligkeitsbewertungen aussortieren. Wie die Filter genau funktionieren, erläutert Yelp nicht, um keinen Missbrauch zu begünstigen. Die „momentan nicht empfohlenen“ Beiträge werden – wie Yelp mitteilt – in der Gesamtbewertung nicht berücksichtigt.

Eine Fitnessstudiobetreiberin hatte gegen Yelp geklagt, da sie es für unfair hielt, wie das Portal die Gesamtbewertung darstellt. Yelp zeigte für ein Fitness-Studio der Klägerin nur einen „empfohlenen“ Beitrag (drei Sterne) an, wobei sich unter 24 „momentan als nicht empfohlenen“ Beiträgen sonst überwiegend positive Bewertungen fanden. Nachdem das Landgericht München I die Klage abwies, gab das Oberlandesgericht (OLG) München der Klägerin im Jahr 2018 Recht. Das Gericht verbot es Yelp, die Gesamtbewertung auf eine automatisierte Auswahl zu stützen, da so ein verzerrtes Gesamtbild entstehe; zudem sprach es der Klägerin Schadensersatz zu. 

Das Urteil des BGH

Der BGH hob das Urteil des OLG München auf. Denn Yelp habe keine unwahren Tatsachen behauptet oder verbreitet. Denn das Portal äußere mit der Gesamtbewertung nicht, dass es den Durchschnitt aller Bewertungen für das Fitnessstudio umfasse. Der verständige Nutzer erkenne, dass die Bewertung nur auf empfohlene Beiträge fuße. Das klägerische Interesse überwiege nicht die Belange von Yelp, die Bewertungen in „empfohlene“ und „momentan nicht empfohlene“ Bewertungen zu unterteilen. Diese Sortierung sei von der Meinungs- und Berufsfreiheit gedeckt. Unternehmer müssten die Kritik und die öffentliche Erörterung der Kritik dulden. Ähnlich entschieden zuvor auch das OLG Hamburg und das Kammergericht Berlin jeweils im Jahr 2015. 

Praktische Folgen des Urteils

Der BGH bleibt liberal im Umgang mit Bewertungsportalen. Erst wenn ein Portal nicht neutral und unparteiisch Bewertungen zusammenstellt („Ärztebewertungsportal III“-Urteil, 2018), handelt das Portal nach Ansicht des BGH unzulässig. Doch ist nach diesem Maßstab das Verhältnis zwischen Neutralität und portalseitiger Filter nicht unkritisch – zumal die Bewertungsportale nicht alle Filterkriterien offenlegen. 

Interessant ist daher ein neuer Ansatz eines großen, dänischen Bewertungsportals: Dieses macht mittlerweile erkennbar, ob der User von sich aus die Bewertung abgegeben hat, oder ob das Unternehmen ihn zu dieser Bewertung eingeladen hat. Dieses „Mehr“ an Transparenz könnte Nutzern helfen, Bewertungen selbst besser zu filtern. Das wiederum könnte die Mechanismen der Bewertungsportale noch gerechter machen.

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