Das Arbeitsgericht Berlin entschied mit Urteil vom 28. September 2021, dass eine elektronische Signatur die Schriftform des § 126 BGB nicht wahrt und für eine denkbare Einhaltung des § 126a BGB die Zertifizierung des Signatursystems durch die dafür zuständige Bundesnetzagentur erforderlich ist.
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 28.09.2021 – Aktenzeichen 36 Ca 15296/20
Die Arbeitswelt befindet sich seit jeher in einem ständigen Wandel. Dieser wird durch die Corona-Pandemie derzeit zunehmend beschleunigt. Hinzu kommt der immer lauter werdende Ruf nach der Digitalisierung der Arbeitswelt. Kann das Recht mit diesen immer schneller werdenden neuen Entwicklungen Schritt halten?
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hat die Arbeitgeberin versucht, durch eine digitale Gestaltung ihrer Arbeitsverträge diesem Wandel zu begegnen, indem sie eine Befristungsabrede elektronisch unterzeichnete. Dies wurde ihr jedoch zum Verhängnis, weil diese Befristungsabrede mangels Einhaltung des Schriftformerfordernisses nach § 14 Abs. 4 des Teilzeitbeschäftigungsgesetzes („TzBfG“) unwirksam ist. Somit wurde der befristete Arbeitsvertrag gegen den Willen des Arbeitsgebers gemäß § 16 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Das Arbeitsgericht Berlin entschied mit Urteil vom 28. September 2021, dass eine elektronische Signatur die Schriftform des § 126 BGB nicht wahrt und für eine denkbare Einhaltung des § 126a BGB die Zertifizierung des Signatursystems durch die dafür zuständige Bundesnetzagentur erforderlich ist.
Im konkreten Fall sollte ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber befristet eingestellt werden. Die Parteien unterzeichneten den Arbeitsvertrag jedoch nicht durch eigenhändige Unterschrift, sondern unter Verwendung einer elektronischen Signatur.
Das Arbeitsgericht beschäftigte sich in Rahmen seiner Entscheidung mit dem Einhalten des Schriftformerfordernisses, welches gem. § 14 Abs. 4 TzBfG Voraussetzung für eine wirksame Befristung ist.
Die Schriftform ist in § 126 BGB geregelt. Nach § 126 BGB muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Im konkreten Fall wurde die Befristungsabrede von den Parteien jedoch mittels elektronischer Signatur und daher nicht „eigenhändig“ unterzeichnet. Die Schriftform im Sinne des § 126 BGB wurde somit nicht gewahrt.
Nach § 126 Abs. 3 BGB besteht die Möglichkeit, die Schriftform durch die elektronische Form zu ersetzen, vorausgesetzt es ergibt sich nichts anderes aus dem Gesetz. Allerdings ist diese Regelung mit Vorsicht zu genießen: Beispielsweise ist bei Kündigungen oder Aufhebungsverträgen die elektronische Form ausdrücklich nicht möglich. Zwar ist die elektronische Signatur bei einer Befristungsabrede gesetzlich nicht ausgeschlossen. Jedoch besteht ein gewisses Risiko, wie die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin zeigt.
Die Schriftform kann nur durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn diese elektronische Form qualifizierter Art ist. Einen solchen Status erlangt die elektronische Signatur, unabhängig von ihrer Gestaltung und Sicherheit, nur durch eine Zertifizierung der elektronischen Signatur durch eine öffentliche Stelle (vgl. Art. 30 Verordnung (EU) Nr. 910/2014 vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG). In Deutschland erfolgt diese Zertifizierung durch die Bundesnetzagentur gem. § 17 Vertrauensdienstegesetz. Solange eine solche Zertifizierung nicht erfolgt ist, entspricht eine Signatur nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 126a BGB.
Im konkreten Fall verfügte das vom Arbeitgeber verwendete System über eine solche Zertifizierung nicht. Insofern musste das Arbeitsgericht Berlin im vorliegenden Fall nicht entscheiden, ob die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form bei einer Befristungsabrede möglich ist.
Werden zwingende gesetzliche Formvorschriften nicht eingehalten, kann das zu unangenehmen Konsequenzen führen – wie der vorliegende Fall zeigt. Gegen den Willen des Arbeitgebers wurde das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Folgen, die die Unwirksamkeit der Befristung nach sich zieht, sind also erheblich.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Frage offengelassen, ob eine qualifizierte elektronische Signatur gemäß § 126a BGB zur wirksamen Vereinbarung einer Befristung ausreicht. Mithin ist die elektronische Unterzeichnung einer Befristungsabrede bisher nicht risikolos möglich. Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, ist es daher ratsam, Befristungsabreden - ganz klassisch - eigenhändig zu unterzeichnen. Auch wenn diese Handhabung nicht im Sinne der Digitalisierung ist, handelt es sich hierbei um den rechtssichersten Weg der Einhaltung gesetzlicher Formvorschriften.