Die BaFin verkündet die Umsetzung der neuen EBA Leitlinien zur Bestimmung der Reichweite der „limited network exemption“ gemäß der Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2).
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat auf ihrer Webseite, im hauseigenen BaFinJournal, angekündigt, dass sie die überarbeiteten EBA Leitlinien über die Ausnahme für begrenzte Netze gemäß der PSD2 umsetzen wird und deshalb ihre Verwaltungspraxis anpasst. In den Leitlinien wird u.a. klargestellt, wie die zuständigen nationalen Behörden beurteilen sollen, ob ein Netz von Dienstleistern als begrenzt (daher entsprechend als Limited Network Exemption bezeichnet) oder eine Reihe von Waren und Dienstleistungen als "sehr begrenzt" einzustufen sind (daher entsprechend als Limited Range Exemption bezeichnet).und daher nicht unter die PSD2 fallen.
Die neuen EBA Leitlinien zielen darauf ab, die erheblichen Differenzen bei der bisherigen Anwendung des Ausschlusstatbestands in den EU-Mitgliedstaaten zu beseitigen, einen Beitrag zum Binnenmarkt für Zahlungsdienste in der EU zu leisten und Transparenz für Aufsichtsbehörden und Kunden zu gewährleisten. Siehe hierzu auch den Beitrag unserer Payments Group zur EBA-Konsultation.
In ihrem bisherigen Merkblatt zum ZAG führte die BaFin aus, dass die Ausnahme des Limited Network nur für Internetangebote gilt, bei denen die gleichen Waren oder Dienstleistungen auch vor Ort angeboten werden. Auf Grund der EBA-Leitlinien und ihrer Umsetzung durch die BaFin gilt die Bereichsausnahme nunmehr auch für reine Online-Shops. D.h. ein begrenztes Netz von Dienstleistern kann nunmehr, anders als zuvor, nur aus Online-Shops bestehen. Die BaFin überträgt diese Wertung in ihre Verwaltungspraxis; eine Anpassung des BaFin-Merkblattes zum ZAG ist allerdings noch nicht erfolgt.
Die BaFin hält jedoch an ihrer bisherigen Verwaltungspraxis insoweit fest, dass Internetmarktplätze, die nur zwischen Käufern und Verkäufern vermitteln, von der Ausnahme nicht profitieren können. Dies wurde bisher damit begründet, dass die Ausnahme nur für auch vor Ort erhältliche Waren und Dienstleistungen anzuwenden sei. Eine neue Begründung (etwa, dass ein Internetmarktplatz kein begrenztes Netz ist, da er auf die Aufnahme möglichst vieler Anbieter abzielt) liefert die BaFin bisher nicht.
Unternehmen, die die Ausnahme der Limited Network Exemption oder der Limited Range Exemption nutzen, müssen dies unter der bisherigen Rechtslage der BaFin anzeigen, wenn der Gesamtwert der Zahlungsvorgänge der vorangegangenen zwölf Monate den Betrag von 1 Million Euro überschreitet. Diese Anzeigepflicht wird beibehalten, die EBA Leitlinien machen aber neue Vorgaben zum Anzeigeverfahren.
Die EBA Leitlinien gelten ab dem 1. Juni 2022. Unternehmen, die bereits von der Ausnahmeregelung profitieren, müssen bis spätestens zum 1. September 2022 eine neue Anzeige an die BaFin übermitteln. Verpflichtet sind insoweit (nur) die Herausgeber der unter die Ausnahme fallenden Zahlungsinstrumente.
Für die Anzeige sollte auf das von der BaFin online zur Verfügung gestellte Formular zurückgegriffen werden.
(Neu-)Anzeigen sind nunmehr verpflichtend von den Unternehmen direkt an die BaFin zu richten (elektronisch). Eine Einreichung der Anzeige durch Verbände, wie dies bisher eine gängige Praxis war, ist nicht mehr gestattet und unwirksam.
Das bisherige Register wird zum 1. September 2022 gelöscht. Sollte bis dahin keine oder nur eine verspätete Anzeige eingereicht werden, so wird der existierende Eintrag gelöscht. Nicht fristgerechte Anzeigen werden wie erstmalige Anzeigen gewertet und neu, verbunden mit einer Wartefrist von möglicherweise einigen Monaten, beschieden.
Mit der Neugestaltung der EBA Leitlinien besteht nunmehr ein erhöhter Auskunftsbedarf für Unternehmer, die sich auf die Bereichsausnahme eines begrenzten Netztes von Dienstleistern oder sehr begrenztes Waren- und Dienstleistungsspektrum berufen.
Für Unternehmer, die sich auf die Ausnahme „begrenztes Netzwerk von Dienstleistern“ berufen ist nunmehr zusätzlich zu den bisherigen Mitteilungspflichten Auskunft zu leisten über:
Mit Ausnahme zu den Auskünften hinsichtlich des geografischen Gebiets müssen Unternehmer, die sich auf die Bereichsausnahme „begrenztes Waren- und Dienstleistungsspektrum“ berufen, dieselben Auskünfte wie gerade zuvor dargestellt erteilen.
Aufgrund der neuen EBA Leitlinien ist es nunmehr nicht möglich regulierte und unregulierte Zahlungsinstrumente auf einem Träger zu kombinieren. Erforderlich ist es diese auf unterschiedlichen Trägern zu platzieren. Zulässig ist weiterhin, mehrere von der Ausnahme erfasste Zahlungsinstrumente auf einem Träger zusammenzufassen.
Ein einzelnes Zahlungsinstrument, dass eine Ausnahme von der PSD2 bzw. dem ZAG für sich beansprucht, darf mit keiner weiteren Ausnahme kombiniert werden. Je Zahlungsinstrument kann nur ein Ausnahmetatbestand genutzt werden.
Zahlungsinstrumente außerhalb des Anwendungsbereichs der PSD2 bzw. des ZAG dürfen auch von Zahlungsdienstleistern herausgegeben werden. Derartige Zahlungsinstrumente müssen jedoch mit einem einfachen und klar verständlichen Hinweis versehen werden, dass das Zahlungsinstrument unreguliert und nicht beaufsichtigt ist. Ebenfalls muss klargestellt werden, dass der Schutz der PSD2 bzw. des ZAG sowie der zivilrechtlichen zahlungsdiensterechtlichen Regelungen daher nicht zur Geltung kommt.
Das Unternehmen, welches das Zahlungsinstrument herausgibt, kann Dritten den Abschluss vertraglicher Vereinbarungen übertragen, die sodann im Namen der Unternehmer handeln. Dabei ist zu beachten, dass Dritte, je nach übertragener Tätigkeit und getroffener Vereinbarung, selbst zum Erbringer erlaubnispflichtiger Zahlungsdienste werden können. Dies gilt z.B. im Kontext von Prepaid-Angeboten. Sollte der Dritte bei der Aufladung von Zahlungsinstrumenten mitwirken und die Aufladung vornehmen so dürfte die Netz- bzw. Produktausnahme aus PSD2 bzw. ZAG nicht gelten, da die Aufladung nicht unmittelbar einem Waren- oder Dienstleistungserwerb dient.
Neben den oben genannten Änderungen bleibt die Verwaltungspraxis der BaFin unverändert, da sie sich bereits zuvor schon stark an den EBA Leitlinien orientiert hat. Die Änderungen sollten von den betroffenen Unternehmen möglichst zeitnah, d.h. in den nächsten Monaten, umgesetzt werden.
Das BaFin-Merkblatt zum ZAG, welches u.a. auch Ausführungen zum Verständnis und zur Reichweite der Ausnahmen enthält, ist bisher noch nicht erneut aktualisiert worden ist. Es befindet sich noch auf dem Stand von 2017 und bildet daher nicht die aktuelle Verwaltungspraxis der BaFin ab. Bei der unternehmerischen Kontrolle, ob die eigenen Zahlungsinstrumente einen der Ausnahmetatbestände erfüllen oder nicht, ist bei Rückgriff auf das BaFin Merkblatt somit Vorsicht geboten.
So wird im Merkblatt der BaFin betont, dass die geografische Dimension im Rahmen des Ausnahmetatbestands zum begrenzten Waren- und Dienstleistungsspektrums keine Rolle spiele. Hierbei handelt es sich um eine zur aktuell geltenden Rechtslage widersprüchliche Aussage. Im Rahmen der zu erbringenden Mitteilungen sind, wie oben aufgezeigt, nach aktuell geltender Rechtslage notwendigerweise auch Informationen über die geografische Lage zu erbringen. Soweit keine Angaben hierzu gemacht werden, will die BaFin einen möglichen Antrag nicht bearbeiten. Somit handelt es sich bei dieser Voraussetzung um ein zwingendes Element, um die Anwendbarkeit der Ausnahme anzunehmen.
Sollten Fragen hinsichtlich der Ausführungen zur geplanten Änderung der Verwaltungspraxis der BaFin bezüglich der „limited network exemption“ bestehen oder ist Rechtsberatung in dieser Angelegenheit gewünscht, dann zögern Sie bitte nicht uns zu kontaktieren. Unser Payments Team berät Sie gerne.