Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 19. Oktober 2022 einen neuen und überarbeiteten Entwurf einer Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung (WpIVergV) zum Wertpapierinstitutsgesetz zur Konsultation gestellt.
Schon im Mai/Juni 2021 präsentierte die BaFin eine Konsultation (Konsultation 04/2021) für eine WplVergV. Die WplVergV regelt Anforderungen an das Vergütungssystem von Mittleren Wertpapierinstituten und übergordneten Unternehmen. (Konsultation 07/2022)
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Anpassungen und Veränderungen der nun vorliegenden Konsultation im Verhältnis zur ursprünglichen Konsultationsfassung (Konsultation 04/2021). Eine Übersicht zu den Grundzügen der aktuellen Konsultation der WpIVergV kann Teil I dieses Beitrages entnommen werden.
Die WpIVergV beruht auf den Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/2034 über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen (IFD) und den von der European Banking Authority (EBA) entwickelten Leitlinien (EBA/GL/2021/13) und setzt europäisches Recht um. Da eine Vielzahl von Stellungnahmen zur Konsultation 04/2021 bei der BaFin eingingen und die EBA ihre Leitlinien mit den Anforderungen an das Vergütungssystem Mittlerer Wertpapierinstitute erst nach Veröffentlichung der Konsultation, am 22. November 2021 veröffentlichte, hat die BaFin nun diese überarbeitete Version zur Konsultation gestellt.
Bis zum 21. November 2022 besteht die Möglichkeit eine Stellungnahme bei der BaFin abzugeben. Wann die WpIVergV genau in Kraft tritt lässt sich somit zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher sagen. Realistisch ist jedoch eine Geltung frühestens ab dem Frühjahr 2023.
Die ursprüngliche Konsultationsfassung der WpIVergV verwendete den Begriff Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter und enthielt eine enumerative Aufzählung, welche Mitarbeiter und Tätigkeiten sich wesentlich auf das Risikoprofil des Wertpapierinstituts auswirken. Hierzu hatte die EBA schon technische Regulierungsstandards (RTS) erlassen. Auf diese verweisen sowohl die ursprüngliche als auch die überarbeitete Konsultationsfassung der WpIVergV. In verschiedenen Stellungnahmen wurde die enumerative Aufzählung kritisiert. Diese führe zu Inkonsistenzen, Überschneidungen und möglicherweise sogar zu Widersprüchen, da sie nicht vollständig mit den RTS übereinstimme. Es sei klarer und vermeide Widersprüche, einheitlich auf die in den RTS gelisteten Kriterien abzustellen. Dieser Kritik hat sich die BaFin angenommen und die enumerative Aufzählung in der überarbeiteten Konsultationsfassung ersatzlos gestrichen. Ebenfalls wurde die Terminologie überarbeitet. Anstelle von Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern spricht die überarbeitete Konsultationsfassung der WpIVergV nunmehr von Risikoträgern. Dieser Begriff wird nunmehr auch in der WpIVergV definiert.
In der ursprünglichen Konsultationsfassung der WpIVergV war in der Regelung zur Angemessenheit der Vergütung vorgesehen, dass der Schwerpunkt der Vergütung auf der fixen Vergütung liegen müsse. Dadurch hatte die BaFin eine maximale Obergrenze für die variable Vergütung von 1:1 eingeführt. Hierin lag eine überschießende Umsetzung der Vorgaben der IFD. In der IFD ist nicht zwingend vorgegeben, dass die nationalen Aufsichtsbehörden eine maximale Obergrenze festlegen müssen. Hiervon hat die BaFin in der neuen Fassung abgesehen und den Passus ersatzlos gestrichen. Das ist begrüßenswert, denn um Risiken zu vermeiden, ist es sinnvoller Mittleren Wertpapierinstituten kein einheitliches Maximalverhältnis zwischen variablen und festen Bestandteilen der Vergütung vorzuschreiben. Stattdessen sollten Mittlere Wertpapierinstitute selbst ein angemessenes Verhältnis festsetzen. Außerdem wird so eine über die EU-Vorgaben hinausgehende Regulierung (sogenanntes „Goldplating“) vermieden, wodurch der Finanzstandort Deutschland gegenüber anderen Standorten nicht an Attraktivität verliert.
Begrüßenswert ist ebenfalls, dass die BaFin von einer generellen Offenlegungspflicht hinsichtlich quantitativer Vergütungsangaben für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Geschäftsbereichen abgesehen hat. Die Regelung zu einer generellen Offenlegungspflicht aus der ursprünglichen Konsultationsfassung ist ersatzlos gestrichen und nicht mehr in der überarbeiteten Fassung enthalten. Eine generelle Offenlegungspflicht geht über die Vorgaben der IFD hinaus und hätte für Deutschland deutlich schärfere Vorgaben als gegenüber im Ausland geltenden Regeln bedeutet. Zur Sicherung der Attraktivität des Finanzstandorts Deutschland war deshalb eine Änderung notwendig. Außerdem stellen sich auch juristische Bedenken gegen eine derartige Offenlegungspflicht, z.B. datenschutzrechtlicher Art. Dies steht im Gegensatz zu den Regelungen für große Wertpapierinstitute, denn sowohl die IVV als auch das KWG sehen für diese eine generelle Offenlegungspflicht vor.
Außerdem neu sind Regelungen zur Vergütung im Rahmen der Altersvorsorge. Derartige Regelungen hat die ursprüngliche Konsultationsfassung der WpIVergV nicht vorgesehen. Zusätzliche Leistungen zur Altersversorgung müssen im Einklang mit der Geschäftsstrategie, den Zielen, Werten und langfristigen Interessen des Wertpapierinstituts stehen. Außerdem sind in der Verordnung auch Ausnahmen in Bezug auf variable Vergütungen und zusätzliche Leistungen zur Altersvorsorge geregelt.
Im Gegensatz zur ursprünglichen Konsultationsfassung der WpIVergV gilt die neue Konsultationsfassung der WpIVergV auch für übergeordnete Unternehmen. Durch die Neuerung ist eine Definition für übergeordneter Unternehmen sowie eine Konkretisierung deren Aufgabenbereichs aufgenommen worden.
Die überarbeitete Konsultationsfassung der WpIVergV, die nunmehr erneut zur Konsultation gestellt wurde, bringt einige kleine (Verzicht auf generelle Offenlegungspflichten) und große Neuerungen (wie der Verzicht auf ein Goldplating der Angemessenheit der Vergütungsregelungen). Wie zuvor angedeutet reichen diese Neuerungen von Änderungen in den verwendeten Begriffen und der Neueinführung von Definition und Aufgabenbereichen, über Konkretisierungen bei der Systematik im Rahmen der Auszahlung der variablen Vergütung, bis hin zur Streichung einzelner Vorschriften.
Unser Finance & Financial Regulation Team hält Sie bezüglich der Entwicklung der WpIVergV weiter auf dem Laufenden. Sollten Fragen hinsichtlich der konkreten Strukturierung des Vergütungssystems in Ihrem Wertpapierinstitut bestehen, beraten wir Sie hierbei gerne.
Mit freundlicher Unterstützung von Christopher Schmieder, LL.M (Boston University) (wissenschaftlicher Mitarbeiter), Bird & Bird Frankfurt am Main – Finance & Financial Regulation