Die BaFin hat am 14. Februar 2023 ihr Merkblatt zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) aktualisiert. Damit ersetzt sie das vormals gültige Merkblatt aus dem Jahre 2017, das zur Umsetzung der PSD2 ergangen war. Wir haben uns die erfolgten Änderungen angesehen und ordnen diese im Folgenden ein.
Neben redaktionellen Anpassungen des bisherigen Merkblattes nutzte die BaFin an verschiedenen Stellen die Gelegenheit, Änderungen in ihrer Verwaltungspraxis offenzulegen.
Nach den Neuerungen des Merkblattes wird klargestellt, dass der Begriff des Zahlungskontos aus § 1 Abs. 17 ZAG auch E-Geld-Konten umfasst, sofern diese von Dritten angesteuert werden können. Bemerkenswert ist, dass die BaFin (außerhalb des BaFin-Journals) in einem Merkblatt ein Unternehmen namentlich erwähnt. Jedoch ist bedauerlich, dass unklar bleibt, was die BaFin unter „ansteuern“ versteht – zumal sie diesen Begriff in ihrem Merkblatt selbst nur in Anführungszeichen aufführt.
Zu begrüßen ist die Klarstellung, dass auch nicht personalisierte Verfahrensabläufe, die zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsdienstnutzer vereinbart wurden, ein Zahlungsinstrument darstellen können. Hiermit vervollständigt die BaFin das Merkblatt um die DenizBank-Entscheidung des EuGH, wodurch dieses an die Entwicklung der europäischen Rechtsprechung angepasst wurde. Hintergrund war unter anderem eine Unklarheit in der Definition von ‚Zahlungsinstrument‘: Aus der ZAG-Definition wird nicht deutlich, ob sich das das Wort ‚personalisiert‘ nur auf das direkt im Anschluss folgende Zahlungsinstrument bezieht, oder auch den Begriff ‚Verfahren‘ umfassen soll. Auch die Sprachfassungen der PSD2 sind hier nicht eindeutig, bzw. unterscheiden sich in ihrer Formulierung deutlich. Hier schaffte der EuGH in seiner DenizBank-Entscheidung Klarheit, was nun auch in dem ZAG Merkblatt Niederschlag gefunden hat.
Viel Beachtung erfahren derzeit die besonders umfangreichen Neuerungen im Abschnitt zum Finanztransfergeschäft nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG.
Die BaFin geht hier insbesondere näher auf Abgrenzungsfragen zwischen dem Finanztransfergeschäft und den technischen Dienstleistungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nr. 9 ZAG ein, die nicht als Zahlungsdienste gelten. Bereits im bisherigen Merkblatt wurde im Rahmen der Ausführungen zu technischen Dienstleistern darauf eingegangen, dass ein Dienstleister, dem eine Vollmacht zum Kontozugriff erteilt wird, nicht mehr von der Ausnahme (als technischer Dienstleister) Gebrauch machen kann. Die BaFin führte hierzu bisher aus: „Der technische Dienstleister muss danach Acht geben, dass ihm auch nicht nur vorübergehend eine Kontovollmacht für ein Konto eingeräumt wird, über das die zu übertragenden Gelder geleitet werden können“, denn dann habe der Dienstleister Besitz an den Geldern und die Ausnahme für technischen Dienstleister sei ausgeschlossen. Mit der Überarbeitung des Merkblattes wurde diese Passage in den Ausführungen zur Ausnahme für technische Dienstleister gestrichen und Kriterien für eine Kontovollmacht in den Ausführungen zum Finanztransfergeschäft definiert, welche der Qualifizierung als technischer Dienstleister nicht entgegensteht.
Diese Neuverortung der Kommentierung im Merkblatt (weg von den Ausnahmevorschriften und hin zu den Zahlungsdienstetatbeständen) ist zu begrüßen. Zwar wird nicht näher ausgeführt, warum die BaFin diese Neuverortung vornimmt. Es ist jedoch nur sinnvoll den Anwendungsbereich einer Ausnahmeregelung zu diskutieren, wenn bereits ein Zahlungsdienst vorliegt.
Bei der Neuverortung scheint die BaFin aber zu übersehen, dass Vollmachten insbesondere auch für die Tatbestände des Zahlungsauslösedienstes sowie des Kontoinformationsdienstes von großer Bedeutung sein können. Für diese „neuen“ Zahlungsdienste fungiert das Finanztransfergeschäft (anders als für die „alten“ Zahlungsdienste) nicht als Auffangtatbestand. Damit lassen sich die Ausführungen unter dem Finanztransfergeschäft nicht (ohne weiteres) auf die Zahlungsauslösedienste und Kontoinformationsdienste übertragen. Ausführungen zu Kontovollmachten und ähnlichen Gestaltungen in Bezug zu Zahlungsauslösediensten und Kontoinformationsdiensten wären sehr erfreulich gewesen.
Hinsichtlich des Vorliegens von Kontovollmachten, konkretisiert die BaFin ihre Bestimmung dazu, wann sich der Dienstleister Besitz an Kundengeldern verschafft. Insoweit führt die BaFin nun aus, dass die Anknüpfung des Dienstleisters an ein fremdes Zahlungskonto des Zahlers oder des Dritten – etwa mittels Vollmacht – ein reguliertes Finanztransfergeschäft gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG begründen könne. Ob es sich im Falle einer solchen Anknüpfung dann tatsächlich um ein Finanztransfergeschäft handelt, hängt von Art und Umfang der Vollmacht ab und müsse im Einzelfall wertend ermittelt werden.
Die BaFin führt aus, dass sie den Tatbestand des Finanztransfergeschäfts teleologisch reduzieren (also die Anwendbarkeit in bestimmten Fällen einschränken) möchte. Diese teleologische Reduktion soll den Tatbestand des Finanztransfergeschäfts ausschließen, wenn eine Kontovollmacht genutzt wird, welche die fünf von der BaFin definierte Kriterien erfüllt. Bestehe aber auch nur die „theoretische“ Möglichkeit einer Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsrelevanz sowie der Fall eines kollusiven, missbräuchlichen Zusammenwirkens von Vollmachtgeber und Vertreter, bleibe die Erlaubnispflichtigkeit bestehen.
Als „zahlungsdiensterechtlich regelmäßig unproblematisch“ stuft die BaFin die Transportvollmacht Typ „T“ im E-BICS-Zahlungsverfahren ein und nimmt diese von dem Tatbestand des Finanztransfergeschäfts aus. Hierbei handele es sich nur um eine Weiterleitung, was mit ihrer sonstigen Bewertung im Einklang steht.
An verschiedenen Stellen des Merkblattes finden sich Erklärungen, dass die BaFin bestimmte Leitlinien der European Banking Authority (EBA-Leitlinien) künftig in ihre Verwaltungspraxis übernimmt. Diese Darstellung erscheint unglücklich, da die BaFin nach ihren eigenen Ausführungen an anderer Stelle grundsätzlich die EBA-Leitlinien sowie Q&As automatisch in ihre Verwaltungspraxis aufnimmt, sofern die BaFin nicht ausdrücklich erklärt, eine Leitlinie nicht zu übernehmen.
Durch die nun erfolgte, ausdrückliche Erklärung, bestimmte EBA-Leitlinien zu übernehmen, lässt die BaFin offen, ob sie die bisherige Praxis allgemein aufgeben möchte oder es sich nur um einen Sonderfall handelt. Dies kann für Verunsicherungen im Markt sorgen. Bemerkenswert ist zudem, dass die BaFin bereits zuvor ankündigte die betroffenen EBA-Leitlinien (welche bereits seit 24. Februar 2022 bekannt und seit 1. Juni 2022 gültig sind) in ihre Verwaltungspraxis aufzunehmen und gegebenenfalls Anpassungen ihrer Verwaltungspraxis vornehmen zu wollen (wir berichteten hier darüber). Es kann vermutet werden, dass sie dies mit der Integration in ihr ZAG Merkblatt nun getan hat und die ausdrückliche Erklärung im ZAG Merkblatt auch als die Bekanntmachung des Endes der Anpassungsperiode verstanden werden kann.
Einer der Fälle, in denen die BaFin die ausdrückliche Übernahme der EBA-Leitlinien bekanntgibt, findet sich im Abschnitt zu den limitierten Netzwerken. Diese sind beispielsweise Plattformen, die eine begrenzte Zahl von Produkten oder Händlern vereinen oder in ihrer räumlichen Reichweite begrenzt sind und so einen einheitlichen Auftritt am Markt schaffen. Gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 10 ZAG gelten diese nicht als Zahlungsdienste.
Die BaFin hält an ihrer bereits zuvor bekanntgemachten Verwaltungspraxis fest und gibt an, dass Betreiber eines Internet-Marktplatzes sich weiterhin nicht auf die Ausnahme des § 2 Absatz 1 Nr. 10 ZAG berufen können (zur bereits vorherigen Verlautbarung der BaFin finden Sie unseren Beitrag hier). Wie bereits in ihrer Verkündung letzten Jahres, liefert die BaFin auch mit dem Überarbeiteten ZAG-Merkblatt für diese Rückausnahme keine Begründung.
Viele Begrifflichkeiten des ZAG bleiben nach wie vor schwierig fassbar (wie z.B. das Verständnis von Verarbeitung im Rahmen des Akquisitionsgeschäfts). Auch wäre eine Konkretisierung der Konzernausnahme hinsichtlich sogenannter Payment-Factories begrüßenswert gewesen. Hier bestehet schon seit mehreren Jahren eine Absprache der BaFin mit Branchenverbänden, deren Offenlegung im überarbeiteten ZAG Merkblatt geboten erscheint (wir berichteten hier).
Die erfolgten Änderungen sind insgesamt sehr zu begrüßen. Wenn auch Unklarheiten in bestimmten Einzelfällen bleiben, schaffen die Anpassungen des Merkblattes an die geltende Rechtslage mehr Rechtssicherheit. Mit Blick auf zukünftige Aktualisierungen des Merkblattes zum ZAG bleibt auf eine Klarstellung der angesprochenen Punkte zu hoffen.
Mit freundlicher Unterstützung von Manuel Traub, wissenschaftlicher Mitarbeiter.