BaFin veröffentlicht Strategie zur Schaffung einer nachhaltigen Finanzwirtschaft

Kürzlich hat die BaFin ihre Strategie zur Schaffung einer nachhaltigen Finanzwirtschaft („Sustainable-Finance-Strategie“) vorgestellt. Mit dieser Initiative beabsichtigt die BaFin, ihre Aufsichtsrolle im Bereich der nachhaltigen Finanzwirtschaft zu verdeutlichen. Ziel ist es, wie auch auf EU-Ebene, durch Offenlegungen von Informationen und anderen Transparenzmaßnahmen zur Allokation von Geldern in der Realwirtschaft nach ESG-Kriterien zu kommen, damit eine nachhaltige Finanzbranche zu gestalten und so den Klimawandel zu bekämpft. 

Nachhaltige Finanzprodukte im Fokus der Investoren und unter Aufsicht der BaFin

Im Jahr 2022 erlebte die Finanzbranche laut einer Übersicht des Umweltbundesamts zu Marktdaten: Finanzen vom 23.06.2022, wieder eine rekordhaltige Nachfrage nach nachhaltigen Finanzprodukten. Es scheint, als würde die Green Deal Strategie der EU aufgehen und als würden die erlassene Offenlegungsverordnung (Verordnung (EU) 2019/2088 „SFDR“), Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852), Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Richtlinie (EU) 2022/2464 – Corporate Sustainability Reporting Directive „CSRD“) und eine Vielzahl weiterer Normen die Finanzströme in nachhaltige Produkte lenken.

Handlungsschwerpunkte der BaFin 

Inwieweit die BaFin in Zukunft ein Handeln in Bezug auf die von ihr beaufsichtigten Finanzdienstleistungsunternehmen als erforderlich ansieht und welche Themenbereiche sie (zumindest aktuell) als für ihre Aufsichtspraxis als essentiell betrachtet, beschreibt sie in der nun veröffentlichten Sustainable-Finance-Strategie.

Die BaFin hat die folgenden fünf Handlungsschwerpunkte definiert:

  1. Risikoorientierte und praxistaugliche Regulierung
  2. Zuverlässige Daten zu finanziellen Klimarisiken
  3. Angemessenes Management von umweltbezogenen finanziellen Risiken
  4. Prävention und Bekämpfung von Greenwashing insbesondere durch verlässliche Informationen für Anlegerinnen und Anleger
  5. Generieren und Teilen von Wissen im offenen Dialog

1. Risikoorientierte und praxistaugliche Regulierung

Unter anderem plant die BaFin mit ihrer hohen fachlichen Expertise im Kapitalmarkt dem Gesetzgeber zur Seite zu stehen und zur praxistauglichen Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens beizutragen. Durch ihre Mitgestaltung möchte die BaFin auch Rechtssicherheit bei der Auslegung von Regulierungen schaffen. 

Dies lässt auf weitere Veröffentlichungen der BaFin hinsichtlich ihrer Aufsichtspraxis hoffen.

2. Zuverlässige Daten zu finanziellen Klimarisike

Die BaFin stellt fest, dass beaufsichtigte Unternehmen Risiken, die sich aus einem Übergang zur nachhaltigen Wirtschaft (sogenannte „Transitionsrisiken“) und physische Risiken in der eigenen Bilanz oder bei ihren Finanzinstrumenten bzw. Finanzdienstleistungen nur effektiv steuern können, wenn sie auf verlässliche Daten von Unternehmen in allen Wirtschaftssektoren zurückgreifen können.

Dass eine derartige Bewertung aktuell aufgrund der Informationslage schwierig sei, erkennt die BaFin an, stellt aber in Aussicht, dass sich die Informationslage nicht zuletzt durch CSRD (und die diese konkretisierenden European Sustainbility Reporting Standards – „ESRS“) sowie SFDR und weitere auf Unternehmen anwendbare spezifische Offenlegungspflichten in Zukunft ändern wird

Die BaFin führt an, dass sie risikoorientiert prüfen möchte, wie die von ihr beaufsichtigten Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsrisiken offenlegen und über ihre Umweltrisiken informieren. Ferner überwacht die BaFin im Rahmen der Bilanzkontrolle die Offenlegung der Unternehmen nach der CSRD (zusammen mit den diese konkretisierenden ESRS). Für die Bilanzkontrolle baut die BaFin Kapazitäten im Enforcement-Bereich auf.

Zum einen deutet die BaFin hier an, dass sich ihre Aufsicht am jeweiligen Risiko orientiert. Hieraus sollte jedoch nicht geschlossen werden, dass zunächst eine bloße Marktüberwachung/Marktanalyse stattfinden wird. Dagegen spricht der Kapazitätenaufbau im Enforcement-Bereich.

3. Angemessenes Management von umweltbezogenen finanziellen Risiken

Die BaFin stellt nochmals fest, dass sie finanzielle Klimarisiken nicht als neue Risikoart einstuft und bewertet. Vielmehr wirken sich finanzielle Klimarisiken auf die bereits etablierten Risikokategorien (z.B. Kredit-, Markt-, Liquiditäts-, operationelle, versicherungstechnische oder strategische Risiken) aus.

Hieraus schlussfolgert die BaFin, dass die bestehenden Aufsichtsinstrumente genutzt werden können. Sie hält die von ihr beaufsichtigten Unternehmen unter anderem dazu an, an der Qualität der Daten stetig zu arbeiten und Szenario-Analysen einzusetzen.

4. Prävention und Bekämpfung von Greenwashing insbesondere durch verlässliche Informationen für Anlegerinnen und Anleger

Wie bereits in dem von der BaFin veröffentlichten (wir berichteten hier und hier) und letztlich nicht weiter verfolgten Richtlinienentwurf (wir berichteten hier) für nachhaltige Investmentvermögen, widmet die BaFin der Vermeidung von Greenwashing besondere Aufmerksamkeit.

Die BaFin definiert in ihrer Sustainable-Finance Strategie Greenwashing als eine Praxis, bei der nachhaltigkeitsbezogene Informationen das Nachhaltigkeitsprofil eines Unternehmens, eines Finanzprodukts oder einer Finanzdienst-leistung nicht eindeutig und redlich widerspiegeln, sodass Kundinnen und Kunden letztlich in die Irre geführt werden können. 

Die BaFin stellt fest, dass sowohl auf Produkt- als auch auf Unternehmensebene gesetzliche Grundlagen zur Schaffung von mehr Transparenz im Nachhaltigkeitsbereich gegeben sind in Form der SFDR, CSRD und perspektivisch der EU-Green Bond-Verordnung.

Die BaFin sieht ihre Rolle in Bezug auf die Verhinderung von Greenwashing zum einen in der Kontrolle, ob das beaufsichtigte Unternehmen das Nachhaltigkeitsprofil nicht eindeutig und/oder nicht redlich offenlegen und dadurch Anleger und Anlegerinnen in die Irre führen. Zum anderen sieht sich die BaFin angehalten eine Unterschätzung von Transitions- und physischen Risiken zu vermeiden.

Zur Verhinderung von Greenwashing möchte die BaFin unter anderem im Rahmen der Produkt- und Marktaufsicht die Einhaltung der Transparenz- und Offenlegungspflichten mit Fokus auf SFDR und Artikeln 5 bis 7 der Taxonomie-Verordnung prüfen. Auch in der Wohlverhaltensaufsicht wird die BaFin die MiFID II und darauf beruhenden Delegierten Rechtsakte hinsichtlich nachhaltigkeitsrelevanter Verpflichtungen beaufsichtigen. 

Problematisch ist die nicht einheitliche Definition von Greenwashing. Die meist intransparenten Nachhaltigkeitsprofile führen dazu, dass Anleger nicht in die von ihnen gewünschten nachhaltigen Anlagen investieren. Im Sinne des Verbraucherschutzes will sich die BaFin daher weiterhin aktiv daran beteiligen, die Informationen für Anlegerinnen und Anleger verständlicher zu machen. 

5. Generieren und Teilen von Wissen im offenen Dialog

Aufgrund der erheblichen Komplexität von Sustainable-Finance möchte die BaFin ihre beobachtende und prüfende Rolle betonen, sowie die Grenzen ihres Mandates verdeutlichen. Jedoch hebt sie deutlich hervor, den Dialog zwischen Experten und Stakeholdern aktiv zu fördern

Dies gilt es zu begrüßen, da trotz (oder gerade wegen) der enormen Vielzahl an europäischen Regelwerken und Delegierten Rechtsakten sowie den stetig ergänzten Fragen und Antworten Katalogen der EU-Institutionen viele Punkte unklar sind/bleiben.

Ausblick

Die BaFin macht durch die Sustainable-Finance Strategie deutlich, dass sie in den definierten Handlungsschwerpunkten eine wichtige Rolle dabei spielen wird, den Umgang mit ESG-Kriterien zu verdeutlichen und damit Unsicherheiten bei beaufsichtigten Unternehmen und Anlegern zu beheben versucht. Sie macht allerdings auch deutlich, dass sie die Einhaltung der Offenlegungspflichten fordert, was sich nicht zuletzt durch die Aufstockung der Enforcement-Abteilung zeigt.

Mit freundlicher Unterstützung von Alexander Grünewald, (Praktikant) Bird & Bird Frankfurt am Main – Finance & Financial Regulation

 
 
 
 

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