Bei einem Betriebsübergang sind die Arbeitnehmer über Details des Betriebsüberganges zu informieren (§ 613a Abs. 5 BGB). Zu dem erforderlichen Inhalt einer solchen Unterrichtung gibt es in Detailfragen eine kaum zu überblickende Rechtsprechung. Bei fehlerhafter Unterrichtung kann der Arbeitnehmer bekanntlich bis zur Grenze der Verwirkung dem Betriebsübergang widersprechen. Das Bundesarbeitsgericht („BAG“) hat jüngst in einem Detailpunkt zugunsten des Arbeitgebers entschieden. Zwar muss die Unterrichtung auch die Anwendbarkeit tariflicher Normen enthalten. Das gilt aber nicht für Tarifverträge, die weder vor noch nach dem Betriebsübergang auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.06.2023 – Aktenzeichen 2 AZR 326/22, Vorinstanz LAG Düsseldorf, Urteil vom 26. Juli 2022, Aktenzeichen 8 Sa 68/20
Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers ging unstreitig am 1. Februar 2017 durch Betriebsübergang auf einen anderen Arbeitgeber über. Darüber war er Anfang Dezember 2016 in einem Betriebsübergangsschreiben informiert worden. Erst im Mai 2019 widersprach der Arbeitnehmer dem Übergang. Die Widerspruchsfrist von einem Monat nach der Information Ende 2016 gelte für ihn nicht, da die Unterrichtung fehlerhaft gewesen sei. Insbesondere fehlten Informationen, ob gewisse tarifliche Regelungen individualrechtlich oder kollektivrechtlich für sein Arbeitsverhältnis gelten würden.
Das LAG Düsseldorf meinte noch, dass das Unterrichtungsschreiben fehlerhaft gewesen sei und die einmonatige Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt habe. Umstände für eine Verwirkung des Widerspruchs sah es selbst nach fast zweieinhalb Jahren nicht. Das Schreiben sei fehlerhaft, weil sich ihm nicht entnehmen lasse, ob der zum Teil im Unternehmen geltende Tarifvertrag nun gelte oder nicht. Jedenfalls gelte er wohl für gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter und solche, deren Arbeitsvertrag eine entsprechende Bezugnahmeklausel enthielt. Der Arbeitnehmer war allerdings unstreitig außertarifvertraglicher Arbeitnehmer. Das Gericht hielt es aber zumindest nicht für ausgeschlossen, dass der Tarifvertrag evtl. aufgrund einer Selbstverpflichtung des Unternehmens auch für außertarifliche Arbeitnehmer gelte.
Das BAG hat die Entscheidung des LAG aufgehoben und die klagabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts wiederhergestellt. Der Arbeitgeber muss den außertariflichen Arbeitnehmer nicht über einen Tarifvertrag unterrichten, der für ihn weder beim Betriebsveräußerer noch beim Betriebserwerber normativ oder aufgrund einer Bezugnahmeklausel gilt. Zwar muss der Arbeitgeber darüber unterrichten, welche tariflichen Regelungen anwendbar sind bzw. ggf. beim Erwerber wie abgelöst werden. Im konkreten Fall fehlten jedoch für die Spekulation des LAG die Tatsachen, nach denen die Anwendung des Tarifvertrages nicht ausgeschlossen werden könnte. Wenn aufgrund obiger Gründe (wie bereits beim Veräußerer) kein Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis gilt, muss nicht darauf hingewiesen werden. Für den Inhalt des Unterrichtungsschreibens kommt es zudem grundsätzlich auf den Kenntnisstand zum Zeitpunkt seiner Ausreichung an den Arbeitnehmer an. Zu spekulativen Mitteilungen sind Arbeitgeber nicht verpflichtet.
Unterrichtungsschreiben zum Betriebsübergang sind extrem fehleranfällig. Sie müssen u. a. informieren über den (voraussichtlichen) Übergangszeitpunkt, den Grund des Überganges, seine rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Arbeitnehmer sowie etwaige anstehende Maßnahmen. Dazu kommen noch weitere Details, die in einer umfangreichen Rechtsprechung ausgeurteilt wurden. Es ist aber ein Lichtblick, dass in einigen Urteilen wie dem hier besprochenen auch Grenzen der Unterrichtungsinhalte aufgezeigt werden.