Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat in ihrem Fachartikel vom 22.12.2022, veröffentlicht im BaFinJournal, die Wichtigkeit des Themas Nachhaltigkeit hervorgehoben und die Folgen der legislativen Entwicklungen auf EU-Ebene für Finanzmarktunternehmen und die BaFin selbst dargestellt.
Ziel der EU ist es bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu sein. Dieses Ziel soll durch den Green Deal der Europäischen Kommission gefördert werden. Konkret geht es darum, die Rechtsvorschriften der EU an die Klimaziele der EU anzupassen. Hierbei kommt gerade auch dem Finanzwesen eine besondere Bedeutung zu. Durch mehr Transparenz und umfangreichere Berichterstattungspflichten sollen Finanzströme gezielt in die Finanzierung nachhaltiger Projekte geleitet werden.
Dafür sind verschiedene Rechtsakte, unter anderem, die Verordnung 2020/852 (Taxonomieverordnung), die seit Anfang Januar 2022 für die Ziel Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel gilt, und die Verordnung 2019/2088 (Offenlegungsverordnung), die Anfang Januar 2023 in Kraft getreten ist, sowie die Richtlinie 2022/2464 (Corporate Sustainability Repoting Directive – CSRD), die ebenfalls Anfang Januar 2023 in Kraft getreten ist und zusätzliche Nachhaltigkeitsberichtsstandards aufstellt, erlassen worden (wir berichteten).
Die BaFin hat sich bereits seit längerem mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt. Bereits 2019 veröffentlichte sie ein (nicht verbindliches) Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken. Das Thema Nachhaltigkeit gehört zu einem der zehn Mittelfristziele der BaFin. Sie will finanziellen Risiken, die sich für die von ihr beaufsichtigten Unternehmen rund um das Thema Nachhaltigkeit ergeben, analysieren und bei Bedarf die nötigen aufsichtsrechtlichen Maßnahmen ergreifen.
Bei der Frage, was nachhaltige Wirtschaftstätigkeit ist, rekurriert die BaFin auf die in der Taxonomieverordnung vorgenommene Klassifikation. Diese nennt Kriterien zur Bestimmung, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit als ökologisch-nachhaltig einzustufen ist.
Insbesondere definiert die Taxonomieverordnung sechs Umweltziele (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, Schutz sowie Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme) die bei einer Klassifizierung als nachhaltige Wirtschaftstätigkeit herangezogen werden sollen. Ergänzt wird diese durch die (an die EU-Kommission) delegierten Verordnungen, welche konkretere Angaben machen.
Vor allem prüft die BaFin, ob Pflichten aus der Taxonomie-, Offenlegungsverordnung und CSRD eingehalten werden. Hiernach sind bestimmte Unternehmen und Finanzmarktteilnehmer, unter anderem, verpflichtet, Daten zur Klimarelevanz verschiedenster Aspekte ihres Betriebs zu sammeln, vorvertraglichen Informationspflichten und Veröffentlichungspflichten auf ihrer Webseite nachzukommen. Finanzmarktteilnehmer, die Investitionsentscheidungen für Investoren treffen, müssen zum Beispiel offenzulegen, welche Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionsentscheidungen eine Rolle gespielt haben. Außerdem sind auch die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren zu veröffentlichen.
Kommen die betroffenen Unternehmen diesen Verpflichtungen nicht nach, drohen aufsichtsrechtliche Konsequenzen wie Bußgelder.
Ein zentrales Anliegen aus Sicht der Bafin besteht darin, wie Nachhaltigkeitsrisiken in das Risikomanagement beaufsichtigter Unternehmen integriert werden können. Jedes Unternehmen muss fortlaufend ein wirksames und ordnungsgemäßes Risikomanagement sicherstellen. Dazu gehört, dass es sich mit allen Risiken auseinandersetzt, diese bewertet und in einer geeigneten Weise überwacht. Diese Regelungen ergänzen die parallelen Offenlegungspflichten nach Artikel 449a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (Kapitaladäquanzverordnung - CRR) welche seit Juni 2022 bestimmte große Institute treffen.
Um das oben bereits angedeutete Ziel – Umlenkung der Finanzströme hin zu nachhaltigen Investitionen – zu fördern, sind insbesondere Transparenz sowie schlüssige und detailreiche Mitteilungen notwendig. Nur mit allen Informationen ausgestattete Investoren können beurteilen, ob eine Investition als nachhaltig einzustufen und den eigenen Vorstellungen entspricht.
Vermieden werden soll so auch „Greenwashing“. Zu diesem Phänomen existiert keine einheitliche Definition. Hierunter ist der Versuch von Unternehmen zu verstehen, durch Außendarstellung vor allem im Marketing, ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne entsprechende Maßnahmen intern umgesetzt zu haben. Im Ergebnis wird ein Finanzprodukte oder Unternehmen also als nachhaltiger dargestellt als es tatsächlich ist. Dem kann vorgebeugt werden, indem Unternehmen dazu verpflichtet werden, die zur Bestimmung erforderlichen Daten zu sammeln. Außerdem sind ganz konkrete Vorgaben zu Art und Umfang der Mitteilungspflicht gegenüber der Öffentlichkeit aufzustellen. Dies ist mit der Taxonomie- und Offenlegungsverordnung aber auch mit der CSRD geschehen.
Nachdem die BaFin durch ihren Richtlinienentwurf für nachhaltige Investments (wir berichteten hier und hier) und dessen plötzliche Rücknahme sowie die mit der Rücknahme verbundenen unklaren Äußerungen (wir berichteten hier) zuletzt für Verwirrung sorgte ist es zu begrüßen, dass sich die BaFin nun geordnet zu den bedeutendsten Nachhaltigkeits-Werken äußert. Betroffene Unternehmen sollten sich zeitnah mit Möglichkeiten der internen Umsetzung der Vorgaben aus den verschiedenen EU-Rechtsakten auseinandersetzen. So kann die eigene Position am Markt gesichert und aufsichtsrechtliche Konsequenzen, wie Bußgelder, vermieden werden. Sollten in diesem Kontext Fragen aufgetaucht sein, wenden Sie sich gerne an unser Finance & Financial Regulation Team.
Mit freundlicher Unterstützung von Christopher Schmieder, LL.M. (Boston University), juristischer Mitarbeiter