Die Erzeugung von Wasserstoff ist ein anspruchsvoller chemischer Prozess. Es überrascht nicht, dass für den Bau und den Betrieb einer Wasserstoffanlage auch eine anspruchsvolle Umweltgenehmigung erforderlich ist. Das bedeutet, dass die Genehmigung von Wasserstoffanlagen Zeit braucht. Deutschland und die EU versuchen, das Verfahren zu vereinfachen und damit zu beschleunigen.
Im Folgenden wird nach einigen Hintergrundinformationen zunächst ein kurzer Überblick über die derzeitigen Anforderungen an die Erteilung von Genehmigungen für die Wasserstofferzeugung an Land gegeben. Anschließend gehen wir auf die geplanten Änderungen für die Elektrolyseur-Genehmigung ein, insbesondere auf einen deutschen Gesetzentwurf zur Erleichterung der Genehmigung und die Änderung der Richtlinie über Industrieemissionen auf EU-Ebene.
Nach deutschem Recht sind Errichtung und Betrieb einer Elektrolyseanlage genehmigungspflichtig. Um das Genehmigungsverfahren für Elektrolyseure zu straffen, überarbeitet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUNV) die 4. Verordnung über genehmigungspflichtige Anlagen (4. BImSchV), die das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ergänzt.
Der Entwurf wurde Ende November veröffentlicht. Er zielt darauf ab, Änderungen der Richtlinie über Industrieemissionen (Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen [integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung], ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17, "IED") vorwegzunehmen und mit der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht noch vor ihrer eigentlichen Verabschiedung zu beginnen.
Auch der deutsche Bundesrat ist an einem schnellen Handeln in dieser Sache interessiert. Auf nationaler Ebene forderte der Bundesrat die Bundesregierung auf, sich bei den EU-Trilog-Verhandlungen zur Revision der IED für Erleichterungen bei der Genehmigungspflicht einzusetzen (BR-Drs. 591/23). Auf supranationaler Ebene hat der Bundesrat eine schriftliche Stellungnahme an die Kommission abgegeben (BR-Drs. 176/22).
Die politischen Ambitionen gehen auf die kürzlich aktualisierte nationale Wasserstoffstrategie zurück. Im Einklang mit der Strategie soll die Kapazität von Elektrolyseuren in Deutschland bis 2030 auf mindestens 10 GW ausgebaut werden. Die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens ist dabei von zentraler Bedeutung.
Nach dem geltenden deutschen Immissionsschutzrecht sind Elektrolyseure im industriellen Maßstab genehmigungspflichtig. Elektrolyseure fallen unter Nr. 4.1.12 des Anhangs 1 der 4. BImSchV, d.h.
Anlagen zur Herstellung von Stoffen oder Stoffgruppen durch chemische, biochemische oder biologische Umwandlung in industriellem Umfang [...]zur Herstellung von Gasen wie [...] Wasserstoff.
Der qualifizierende Begriff "industriell" ist im BImSchG nicht definiert und wird so ausgelegt, dass er jede gewerblich genutzte Anlage umfasst, auch wenn sie klein ist.
Solche Anlagen sind nach § 5 Abs. 1 BImSchG,
so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt,
Ein Elektrolyseur ist zu genehmigen, wenn sichergestellt ist, dass alle in den einschlägigen Verordnungen genannten Voraussetzungen erfüllt sind und der Errichtung und dem Betrieb des Elektrolyseurs keine sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften oder Belange des Arbeitsschutzes entgegenstehen (vgl. § 6 Abs. 1 BImSchG). Je nach baulicher Beschaffenheit der Anlage muss die Genehmigungsbehörde den Elektrolyseur an verschiedenen rechtlichen Anforderungen u.a. aus dem Baurecht oder der Betriebssicherheitsverordnung messen.
Darüber hinaus hat sie zu prüfen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist (vgl. § 7 Abs. 1 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVPG) in Verbindung mit Nr. 4.1.2 der Anlage 1 zum UVPG). Die Prüfung kann ergeben, dass eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Dies würde in der Regel eine möglicherweise langwierige und zeitaufwendige Prüfung durch einen Umweltsachverständigen erforderlich machen.
Wurde eine vollständige oder vorläufige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, muss die Behörde deren Ergebnisse bei ihrer Entscheidung über den Genehmigungsantrag nach BImSchG berücksichtigen.
Das Genehmigungsverfahren nach BImSchG schreibt in der Regel eine Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Deshalb veröffentlicht die Behörde die Antragsunterlagen. Die interessierte Öffentlichkeit erhält die Möglichkeit, zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen.
Großtechnische Elektrolyseure im Sinne der BImSchV fallen auch in den Anwendungsbereich der Industrieemissionsrichtlinie. Damit gelten die Pflichten zur verpflichtenden Anwendung der besten verfügbaren Techniken (siehe Art. 11 IED) und zur Berichterstattung.
Eine Alternative zur oben beschriebenen Genehmigung besteht für sogenannte Power-to-X-Anlagen. Sie fallen unter den Begriff der „Energiekopplungsanlagen“ in § 43 Abs. 2 Nr. 7 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Der Vorhabenträger kann alternativ einen Planfeststellungsbeschluss (PFB) beantragen. Der PFB ist zwar mit einem längeren Verfahren verbunden, ermöglicht aber entweder die vorzeitige Besitzeinweisung nach § 44 b EnWG oder die Enteignung nach § 45 EnWG. Den entsprechenden Antrag muss der Vorhabenträger stellen. Die materiellen Anforderungen an die Anlage bleiben jedoch gleich. Das Planfeststellungsverfahren beinhaltet auch die Beteiligung der Öffentlichkeit.
Auf europäischer Ebene hat die Europäische Kommission bereits im Jahr 2022 eine Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen vorgeschlagen (KOM/2022/156 endgültig/3). Der Vorschlag sah jedoch nicht vor, Elektrolyseure aus dem Geltungsbereich der Richtlinie auszuschließen. Dies war von interessierten Kreisen angeregt worden und wurde sowohl vom Europäischen Parlament als auch vom Rat in ihren jeweiligen Legislativdokumenten aufgegriffen, wenn auch mit gewissen Vorbehalten.
Der Bericht des Europäischen Parlaments schloss Elektrolyseure nur dann vom Anwendungsbereich der IED aus, wenn ihre Produktionskapazität unter 50 MW Stromeinspeisung lag (Anhang I, Punkt 4(2) lit. a). In Bezug auf dieselbe Bestimmung hat der Rat in seiner allgemeinen Ausrichtung Elektrolyseure ausdrücklich und ohne Einschränkungen ausgeschlossen. In einer weiteren Bestimmung in Anhang I, unter Punkt 6(6), versuchte der Rat jedoch, Elektrolyseure mit einer Produktionskapazität von mehr als 60 t pro Tag wieder in den Anwendungsbereich der IED aufzunehmen. Es ist noch ungewiss, auf welche Option man sich einigen wird.
Die Trilog-Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission führten am 29. November zu einer vorläufigen politischen Einigung. Aus den Verhandlungsdokumenten des Trilogs vom 10. Oktober geht hervor, dass sich die drei Institutionen zumindest auf technischer Ebene darauf geeinigt haben, Elektrolyseure generell aus dem Anwendungsbereich der IED auszuschließen. Ein entsprechender, noch zu diskutierender Erwägungsgrund fand sich in der Position des Parlaments wieder. Aus den Unterlagen geht auch hervor, dass die vom Parlament eingebrachte Einschränkung in Anhang I, Ziffer 4(2) lit. a ausgeschlossen wurde, während das Mandat des Rates in Anhang I, Ziffer 6(6) als umstritten gekennzeichnet wurde. Der BMUNV-Entwurf sieht vor, die Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse aus Nr. 4.1.12 Anhang 1 4. BImSchV auszuschließen und entscheidet sich für die Einführung einer neuen Regelung für Elektrolyseure.
Elektrolyseure bis 5 MW sollen demnach von der Genehmigungspflicht nach BImSchG befreit sein. Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von 68 MW oder mehr bedürfen einer Genehmigung nach BImSchG, sofern die Produktionskapazität 50 Tonnen Wasserstoff pro Tag übersteigt. Dies schließt das Erfordernis der Öffentlichkeitsbeteiligung ein. Auch eine solche Anlage gilt als Anlage im Sinne der IED.
Anlagen ab 5 MW elektrischer Nennleistung, die nicht in die Kategorie der genehmigungsbedürftigen Anlagen fallen, benötigen nach dem Entwurf zwar ebenfalls eine Genehmigung nach BImSchG. Es gilt jedoch das vereinfachte Verfahren.
Mit dieser Genehmigungskaskade versucht die Bundesregierung, das Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, indem sie unnötig hohe Hürden abbaut und gleichzeitig die Sicherheit von Anlagen mit hoher Leistung gewährleistet.
In der juristischen Literatur wird seit längerem die Notwendigkeit einer Klarstellung der Anforderungen des BImSchG an Elektrolyseure diskutiert. Und es ist in der Tat begründungsbedürftig, warum eher kleine, "saubere" und wenig gefährliche Anlagen wie Elektrolyseure eine Genehmigung benötigen sollen, die auf stärker emittierende oder potentiell gefährlichere Anlagen ausgelegt ist.
Der Entwurf ist noch nicht formell in das parlamentarische Verfahren eingebracht worden und kann sich im Laufe des Verfahrens noch ändern. Es wird im Entwurf selbst auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Entwurf unter dem Vorbehalt von Änderungen im Wortlaut der IED steht und daher noch nicht endgültig ist. In diesem Zusammenhang fordert die Initiative einiger Bundesländer bereits eine höhere Schwelle von 130 MW elektrischer Nennleistung, die das förmliche Genehmigungsverfahren auslöst. Der Antrag des Bundesrates spricht sich ebenfalls dagegen aus, die Tagesproduktionskapazität als relevanten Schwellenwert festzulegen und fordert darüber hinaus, den Schwellenwert hinsichtlich der Umweltver-träglichkeitsprüfung entsprechend anzupassen.
Bitte wenden Sie sich bei Fragen an uns. Weitere Informationen finden Sie auch in unserem International Green Hydrogen Report 2023.