Im Rahmen unserer ECSPR-Serie und unseres ECSPR-Leitfadens haben wir bereits über die geldwäscherechtlichen Pflichten von Crowdfunding-Dienstleistern unter der Schwarmfinanzierungsverordnung (Crowdfundingverordnung – ECSPR) berichtet. Diese sind bisher nicht direkt geldwäscherechtlich verpflichtet, es greifen aber sonstige Pflichten im Bereich der Geldwäsche.
Auf europäischer Ebene wird derzeit eine neue Geldwäscheverordnung (AMLR) diskutiert, die Teile des Geldwäschegesetzes bzw. der Geldwäscherichtlinien (AMLD) ersetzen soll. Hierbei wird auch der Personenkreis der Verpflichteten neu diskutiert.
Die Europäische Kommission hatte bereits 2021 einen Gesetzesvorschlag für ein Geldwäschepaket veröffentlicht. In ihrem Vorschlag für die Geldwäscheverordnung von 2021 war die Aufnahme von Crowdfunding-Plattformen vorgesehen, soweit diese keine Erlaubnis unter der ECSPR haben.
Die Kommission sah die grundsätzliche Aufnahme von Crowdfunding-Plattformen in den Kreis der Verpflichteten als gerechtfertigt, weil diese Dienstleister für Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken anfällig seien. Es sollte jedoch einen Ausschluss für Crowdfunding-Dienstleister geben, die eine Erlaubnis nach der ECSPR haben. Andere Dienstleister seien derzeit entweder von den EU-Mitgliedsstaaten nicht reguliert oder unterliegen je nach Mitgliedstaat verschiedenen Regulierungsansätzen. Die Kommission wollte hier eine einheitliche Behandlung schaffen, damit keine unkontrollierten Risiken entstehen. Eine Definition für Crowdfunding-dienstleister, die keine Erlaubnis unter der ECSPR haben, enthält der AMLR-Vorschlag jedoch nicht.
Den Ausschluss für Crowdfunding-Plattformen, die eine Erlaubnis unter der ECSPR haben, begründete die Kommission damit, dass die ECSPR angemessene und kohärente Schutzmaßnahmen für den Umgang mit potenziellen Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken bereithält. Ein Baustein davon sei zum Beispiel, dass die Verwaltung von Geldern und Zahlungen auf den Plattformen von einem lizenzierten Zahlungsdienstleister durchgeführt werden müssen (der selbst den Verpflichtungen des Geldwäscherechts unterliegt), wenn der Crowdfunding-Dienstleister nicht selbst eine PSD2-Erlaubnis besitzt. Einen weiteren Baustein der implementierten Schutzmaßnahmen der ECSPR sieht die Kommission in der Prüfung der Zuverlässigkeit der Geschäftsleitung des Crowdfunding-Dienstleisters im Erlaubnisverfahren. Ebenfalls wirke die Pflicht zur sorgfältigen Prüfung der Projektträger geldwäscherisikominimierend. Bereits in der ECSPR ist vorgesehen, dass die Kommission vor dem 10. November 2023 einen Bericht vorlegt, in dem sie bewertet, inwieweit es notwendig und verhältnismäßig ist, die Crowdfunding-Dienstleister mit ECSPR-Erlaubnis in den Verpflichtetenkreis aufzunehmen.
Das Europäische Parlament hat sich im April 2023 mit dem Entwurf der AMLR befasst und Änderungen vorgeschlagen. Diese Änderungen betreffen auch den Crowdfunding-Sektor. Der Änderungsvorschlag sieht in der bisherigen Nichtverpflichtung von ECSPR-Crowdfunding-Dienstleistern eine Lücke und Schwäche in der Geldwäschebekämpfung. Daher sollen grundsätzlich alle Crowdfunding-Dienstleister, unabhängig von der Erlaubnis nach der ECSPR, geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen.
Anders als der Vorschlag der Kommission sollen nach den Änderungsvorschlägen des Parlaments aber dennoch Ausnahmeregelungen für bestimmte Crowdfunding-Dienstleister eingeführt werden. Diese betreffen jedoch gerade solche Crowdfunding-Dienstleister, die nicht unter die ECSPR fallen. Den Mitgliedstaaten soll es freistehen, Crowdfunding-Dienstleister außerhalb der ECSPR vom Verpflichtetenkreis der AMLR auszunehmen, wenn eine individuelle Risikobewertung nachweislich ein geringes Risiko aufgrund der Art und gegebenenfalls des Umfangs der Crowdfunding-Dienstleistungen ergibt. Crowdfunding-Dienstleister, die befreit werden sollen, sollen die folgenden Voraussetzungen insgesamt erfüllt müssen:
a) Sie sollen ausschließlich Projekte fördern dürfen, die einen gemeinnützigen Zweck verfolgen. Plattformen mit Gewinnerzielungsabsicht sollen nicht von der Ausnahme profitieren können. Soweit Gewinn erwirtschaftet werden, sollen diese für die gemeinnützigen Zwecke investiert werden. Die Gewinne dürfen nicht unter Mitgliedern, Gründern oder anderen privaten Parteien verteilt werden.
b) Sie müssen Mindestanforderungen an die Sorgfaltspflicht in Bezug auf Projektträger einführen und umsetzen. Diese Prüfung soll den Anforderungen der ECSPR entsprechen und alle an der Geschäftsleitung des Projektträgers beteiligten natürlichen Personen erfassen.
c) Alle natürlichen Personen, die an der Geschäftsführung des Crowdfunding-Dienstleisters beteiligt sind, sollen die Anforderungen an die fachliche Eignung nach der ECSPR erfüllen.
d) Sie sollen Vorkehrungen treffen und aufrechterhalten, um sicherzustellen, dass Projektträger die Zahlungen zur Finanzierung von Crowdfunding-Projekten oder andere Zahlungen nur über einen zugelassenen Zahlungsdienstleister akzeptieren.
e) Sie sollen in der Union niedergelassen sein.
Die EU-Mitgliedstaaten müssen in Zusammenarbeit mit der neugebildeten Europäischen Anti-Geldwäschebehörde nach einem risikobasierten Ansatz überwachen und sicherstellen, dass die Ausnahmen nicht missbraucht werden.
Die vom Parlament vorgeschlagenen Änderungen am Entwurf der AMLR haben rechtlich gesehen einen Einfluss auf Crowdfunding-Dienstleister. In Deutschland waren die meisten Crowdfunding-Dienstleister jedoch bereits vor der ECSPR geldwäscherechtlich Verpflichtete (etwa als Wertpapierinstitut). Um den Anforderungen an die Organisation von Zahlungen unter der ECSPR zu entsprechen sind zudem einige Crowdfunding-Dienstleister als Zahlungsdiensteagenten für Zahlungsinstitute bestellt. Auch in diesem Fall treffen sie bereits die geldwäscherechtlichen Pflichten. Daher sind die Pflichten nicht ungewöhnlich.
Es überrascht jedoch, dass entgegen den Vorgaben der ECSPR nicht auf den Bericht der Kommission gewartet wird, der vor dem 10. November 2023 vorliegen soll. Die finale Fassung der ALMR ist daher abzuwarten.