Abscheiden, Speichern, Nutzen – Wohin mit dem CO2?

Geschrieben von

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Dr. Tobias Büscher

Associate
Deutschland

Ich bin Associate in unserem Düsseldorfer Büro und berate zu Fragen des Energie-, Umwelt- und Planungsrechts sowie des Öffentlichen Wirtschaftsrechts insgesamt.

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Dr. Matthias Lang

Partner
Deutschland

Als Partner unserer internationalen Sektorgruppe Energie- und Versorgungswirtschaft und Mitglied der Praxisgruppe Öffentliches Wirtschaftsrecht biete ich unseren Mandanten kommerzielles Denken und langjährige Expertise in regulatorischen Aspekten rund um Infrastruktur und Energie.

Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral zu werden. Trotz der Bemühungen, die Energieerzeugung auf erneuerbare Energien umzustellen und Wertschöpfungsketten insbesondere in der Industrie klimaneutral zu gestalten, sind weitergehende Maßnahmen notwendig.

Insbesondere Industriesektoren, in denen eine Reduzierung oder Vermeidung des CO2-Ausstoßes nicht oder nur schwer möglich ist, sind auf Technologien angewiesen, die das erzeugte CO2 wieder der Atmosphäre entziehen. Als wesentliche Optionen bieten sich dabei die dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid in tiefen geologischen Gesteinsschichten (engl. Carbon Dioxide Capture and Storage, kurz CCS) und die Nutzung des abgeschiedenen Kohlendioxids beispielsweise als Rohstoff für Baumaterialien (engl. Carbon Capture and Utilization, kurz CCU).

Prognosen nehmen an, dass durch die Abscheidung im Verbrennungsprozess und anschließende Speicherung bis zu 85 % des entstehenden CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre gehalten werden können. Ob diese Prognosen sich bewahrheiten, ist dabei allerdings ebenso offen, wie die Lösung des zusätzlichen Energiebedarfs für den Einsatz der CCS-Technik. Auch sind mögliche Risiken für Mensch und Natur zu beachten.

Nachdem die Speicherung von CO2 in Deutschland lange Zeit politisch ungewollt war, sieht ein aktueller Gesetzesentwurf nun vor, dass zukünftig die Offshore-Speicherung von CO2 ermöglicht werden soll.

Zum Hintergrund

Die bisherigen gesetzlichen Regelungen im Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) erlauben eine Speicherung von CO2 nur zur Erforschung, Erprobung und Demonstration der Technologie. Zudem haben die Bundesländer eine Opt-Out-Möglichkeit und können Teile ihrer Landesgebiete von der Anwendung des Gesetzes ausnehmen. Es war in der Sache ein Gesetz zur Verhinderung der Speicherung von Kohlendioxid.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (BT-Drs. 20/11900 vom 21.06.2024) soll nun zunächst den Anwendungsbereich auf kommerziell genutzte Offshore-Speicher im industriellen Umfang ausweiten. Damit nutzt der Entwurf den (bereits zuvor) bestehenden gesetzgeberische Gestaltungsspielraum, den die Richtlinie 2009/31/EG den Mitgliedsstaaten gewährt.

Die Regelungen beschränken sich dabei auf die Genehmigung von Bau und Betrieb von Speicherstätten und Transportleitungen. Errichtung und Betrieb von Abscheidungsanlagen des CO2 im Verbrennungsprozess bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

Die Neuerungen im Überblick

Neben der Ausweitung des Anwendungsbereiches auf Kohlendioxidspeicher im Bereich des Festlandsockels und der Außenwirtschaftszone soll die Novelle aber nun die Speicherung von Kohlendioxid rechtlich ermöglichen. Dazu will die Novelle ein einheitliches Zulassungsregime für Kohlendioxidleitungen etablieren.

Eine Onshore-Speicherung ist nicht erfasst, den Bundesländern wird aber ermöglicht, eine solche Speicherung auf ihrem Gebiet zuzulassen.

Kohlendioxidtransport

Sowohl die Errichtung und der Betrieb von Kohlendioxidleitungen wie auch Kohlendioxidspeichern bedürfen der Planfeststellung. Die diesbezüglichen Regelungen für die Leitungen orientieren sich an den Regelungen der §§ 43 ff. EnWG für Strom- und Gasleitungen.

Im Unterschied zu den dortigen Regelungen ist der Leitungserrichtung im Rahmen der Abwägung aber kein überragendes Interesse zugeschrieben. Errichtung und Betrieb sollen (lediglich) im öffentlichen Interesse liegen und die Bedeutung für den Klimaschutz und die Kohlendioxidminderung ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

Vergleichbar der Regelung des § 43 Abs. 3 EnWG soll bei der Errichtung von CO2-Leitungen in oder unmittelbar neben bestehenden Trassen von Wasserstoffleitungen davon ausgegangen werden, dass keine zusätzliche Beeinträchtigung anderer Belange besteht. Diese Regelung wurde aber in der letzten Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drs. 266/24 (Beschluss) vom 05.07.2024) als fehlgehend kritisiert und die Streichung angeregt.

Einzelheiten des Planfeststellungsverfahrens und Anforderungen an die Planung können durch eine Rechtsverordnung festgelegt werden.

Auch soll die Umwidmung von Erdgasleitungen für den Kohlendioxidtransport erleichtert werden, in dem die Regelungen des EnWG für die Umstellung von Erdgasleitungen auf Wasserstoff entsprechend angewendet werden.

Kohlendioxidspeicherung

Voraussetzung für die Errichtung dauerhafter Speicher ist eine Analyse und Bewertung der Potenziale, die wie bislang durch das BMWK erfolgt. Neu ist, dass die für diese Bewertung erforderlichen naturschutzfachlichen Grundlagen durch das Bundesamt für Naturschutz auf Grundlage eines in einer Anlage konkretisierten Punktekatalogs erarbeitet werden sollen.

Als weiterer Schritt vor dem eigentlichen Antrag auf Einrichtung eines Speichers steht die Genehmigung zur Untersuchung des Untergrundes auf seine Eignung für eine dauerhafte Speicherung. Die bislang geltende Befristung für Untersuchungsgenehmigungen bis zum 31.12.2015 soll zudem aufgehoben werden. Der Entwurf sieht diesbezüglich vor, dass die Genehmigung nur im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie ergehen darf. Ferner wird klargestellt, dass die Untersuchung auch Bohrungen und Injektionstests erfassen kann.

Speicher dürfen grundsätzlich nicht in und unmittelbar an geschützten Meeresgebieten errichtet werden. Weitere Anforderungen an Kohlendioxidspeicher sollen in einer Rechtsverordnung durch das BMWK festgelegt werden können.

Um weiterhin den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben und keinen Anreiz für die Stromerzeugung durch Kohleverbrennung zu schaffen, sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Kohlendioxidleitungen/-netze nicht zum Transport von Kohlendioxid aus Kohleverstromung genutzt werden sollen. In der Sache wird damit eine mengenmäßig bedeutende Möglichkeit zur Reduktion von CO2 Emissionen nicht genutzt.

Ausblick

Die mit dem Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen sind ein massiver Schwenk der deutschen CO2-Politik und maßgeblicher Bestandteil des Gesamtkonzepts zur Ermöglichung von Klimaneutralität. Sie sind Ausdruck der kürzlich beschlossenen Eckpunkte der Carbon Management Strategie der Bundesregierung.

Der Entwurf ist in das parlamentarische Verfahren eingebracht, muss aber noch von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Die Bundesregierung bittet in diesem Zusammenhang in ihrer Wachstumsinitiative (vom 05.07.2024, dort Ziffer 40) um einen zügigen Abschluss des Verfahrens.

Offen ist einerseits, ob es noch zu Änderungen an dem Entwurf kommt und ob und in welchem Umfang von den nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens bestehenden Möglichkeiten zur Speicherung auch Gebrauch gemacht wird.

 

Unser Team berät Sie gern zu möglichen Auswirkungen der Regelungen in ihrem geschäftlichen Kontext. Wenden Sie sich hierzu gerne an unsere Experten.

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