ESG meets MiCAR – Nachhaltigkeitsberichterstattung unter MiCAR

Geschrieben von

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Timo Förster

Associate
Deutschland

Als Associate in der Praxisgruppe Finanzierung & Finanzregulierung in unserem Büro in Frankfurt berate ich internationale Mandanten zu banken- und finanzierungsrechtlichen Fragen.

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Dr. Michael Jünemann

Partner
Deutschland

Als Co-Head der globalen Finance & Financial Regulation Praxisgruppen und Leiter der deutschen F Finance & Financial Regulation Praxisgruppe berate ich in den Bereichen des nationalen und internationalen Finanz- und Kapitalmarktrechts sowie im Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht. Zudem bin ich Mitglied der internationalen Steuerungsgruppe unserer Sektorgruppe Finanzdienstleistungen.

Aktuell sind Nachhaltigkeitsberichterstattungen insbesondere durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), welche erstmalig ab 2025 die Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichterstattungen im Jahresabschluss verlangt, präsent. Doch auch in anderen regulatorischen Bereichen rückt ESG in den Fokus. So etwa auch unter MiCAR (Markets in Crypto-Assets Regulation - Verordnung (EU) 2023/1114), welche auf Distributed Ledger Technologien (auch DLT genannt) basierende, transferierbare Kryptowerte (umgangssprachlich Token genannt) reguliert.

Warum ist ESG bei Kryptowerten (Crypto-Assets) von Bedeutung?

Die Kryptowährung Bitcoin ist für ihren hohen Energieverbrauch bekannt. Dieser ist in erster Linie auf den sogenannten Mining-Prozess zurückzuführen. Dabei werden komplexe mathematische Probleme gelöst, um Transaktionen zu verifizieren und neue Bitcoins zu generieren. Der Mining-Prozess erfordert eine erhebliche Rechenleistung, die von spezialisierten Computern, sogenannten Mining-Rigs, bereitgestellt wird. Diese Computer sind rund um die Uhr in Betrieb und verbrauchen große Mengen an Strom.

Ein Großteil des für das Mining verwendeten Stroms stammt aus fossilen Brennstoffen, insbesondere in Regionen, in denen Strom aus Kohlekraftwerken gewonnen wird. Darüber hinaus ist für das Mining der Einsatz von Hardware erforderlich, deren Lebensdauer begrenzt ist und die regelmäßig ersetzt werden muss. Dies führt zu einem hohen Ressourcenverbrauch und zur Entstehung von Elektronikschrott. Die Herstellung und Entsorgung von Mining-Hardware belasteten die Umwelt zusätzlich, da sie seltene Erden und andere wertvolle Materialien enthält.

Welche Informationen müssen veröffentlicht werden?

Gemäß des technischen Regulierungsstandards der ESMA (siehe hier), die die MiCAR-Verordnung näher spezifizieren, müssen bestimmte Nachhaltigkeitsinformationen in das Whitepaper des entsprechenden Kryptowerts (vergleichbar mit dem Prospekt eines Wertpapiers) aufgenommen und veröffentlicht werden. Wenn der jährliche Energieverbrauch 500.000 kWh übersteigt (die Erhebung von ESG-Daten und damit verbundene Problematiken werden Gegenstand eines folgenden, gesonderten Beitrags), sind zusätzliche detaillierte Nachhaltigkeitsinformationen erforderlich, wie Energieintensität und sogenannte Scope 1 und 2 DLT GHG Emissionen (hierzu unten mehr).

Auch Anbieter von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten müssen diese Nachhaltigkeitsinformationen, einschließlich des Energieverbrauchs und der Berechnungsmethoden, auf ihrer Website veröffentlichen. Dies betrifft Dienstleistungen wie den Betrieb von Handelsplattformen für Kryptowerte, den Austausch von Kryptowerten gegen Geld und den Austausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte. Bei einem jährlichen Energieverbrauch von mehr als 500.000 kWh (die Erhebung von ESG-Daten und damit verbundene Problematiken werden Gegenstand eines folgenden, gesonderten Beitrags) müssen diese Anbieter auch erweiterte Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen.

Was sind Scope 1, Scope 2, und Scope 3 DLT GHG Emissionen?

Scope 1 DLT GHG-Emissionen: Diese Emissionen entstehen direkt aus Quellen, die von den DLT-Netzwerkknoten kontrolliert werden, also solchen Geräten oder Verfahren, die die Transaktion eines Kryptowerts verifizieren und somit ein bedeutender Teil der Infrastruktur sind. Dazu gehören Emissionen, die bei der Produktion oder Herstellung eines Produkts oder einer Dienstleistung freigesetzt werden. Dazu zählt beispielsweise die Energie für Heizung und Kühlung vor Ort.

Scope 2 DLT GHG-Emissionen: Diese Emissionen resultieren aus dem Verbrauch von eingekaufter Elektrizität oder anderen Energiequellen, die außerhalb der DLT-Netzwerkknoten erzeugt werden. Scope-2-Emissionen werden auch als vorgelagerte Emissionen bezeichnet. Sie werden durch externe Energieanbieter verursacht, beispielsweise durch die Elektrizität, die Rechenzentren mit Strom versorgt.

Scope 3 DLT GHG-Emissionen: Diese umfassen alle indirekten Emissionen, die nicht unter Scope 1 und Scope 2 fallen und entlang der gesamten Wertschöpfungskette der DLT-Netzwerkknoten entstehen. Dazu gehören sowohl vorgelagerte Emissionen wie die Produktion von eingekaufter Soft- und Hardware, als auch nachgelagerte Emissionen wie der Energieverbrauch durch Kunden oder die Entsorgung von Hardware.

Scope 1 und Scope 2 DLT GHG-Emissionen unterliegen dem erweiterten Reporting. Scope 3 DLT GHG-Emissionen können optional aufgenommen werden.

Ist ein weitergehendes freiwilliges Reporting möglich und welche Vorteile bietet dies?

MiCAR eröffnet die Möglichkeit, freiwillig zusätzliche Nachhaltigkeitsinformationen zu berichten. Beispielsweise können Scope 3 DLT GHG Emissionen, die Menge des erzeugten Abfalls und der Anteil des recycelten Abfalls sowie die Wassernutzung und Maßnahmen zu deren Reduktion angegeben werden. Auch für diese freiwilligen Berichte gelten klare Vorgaben. Die technischen Regulierungsstandards geben vor, welche zusätzlichen Informationen angegeben werden dürfen und welche Nachweise dafür erbracht werden müssen.

Die freiwillige Aufnahme zusätzlicher Informationen verfolgt in der Regel das Ziel, die Attraktivität der Kryptowerte zu erhöhen und deren Vertrieb zu erleichtern. Die Vorgaben an die zusätzlichen Informationen sollen für eine Konsistenz und Vergleichbarkeit der im Whitepaper der jeweiligen Kryptowerte enthaltenen Informationen sorgen. Dadurch wird es dem Investor/Anleger einfacher, Nachhaltigkeitskriterien verschiedener Kryptowerte zu vergleichen und besser zu bewerten. Gleichzeitig sollen die strengen Vorgaben für freiwillige ESG-Berichte in Whitepapern sicherstellen, dass Greenwashing verhindert wird. Dies bedeutet, dass Unternehmen nicht einfach unüberprüfbare oder irreführende Behauptungen über ihre Umweltfreundlichkeit aufstellen können. Stattdessen müssen sie transparente und überprüfbare Daten sowie deren Erhebungs- und Berechnungsmethoden liefern.

Wie muss gehandelt werden, wenn die Informationen den Informationspflichtigen nicht zur Verfügung stehen?

Sofern die erforderlichen Informationen nicht zur Verfügung stehen, können Schätzwerte verwendet werden. Es ist jedoch sicherzustellen, dass die erforderlichen Informationen nach bestem Bemühen beschafft werden, gegebenenfalls unter Zusammenarbeit mit sachverständigen Dritten, um angemessene Annahmen zu treffen.

Fazit & Ausblick

Die noch zu finalisierenden Regelungen der ESMA sind aus Transparenzgründen sehr zu begrüßen, da Kryptowerte einen immer größeren Stellenwert in unserer Gesellschaft einnehmen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die EU mit ihrer Nachhaltigkeitskampagne nicht nur die bisher wichtigen Finanzinstrumente reguliert, sondern auch jene, die in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen werden.

Die Umsetzung der Maßnahmen erfordert andererseits einen beträchtlichen Aufwand für die Ersteller des Whitepapers.

 

Mit freundlicher Unterstützung von Alexander Grünewald, (studentischer Mitarbeiter) Bird & Bird Frankfurt am Main – Finance & Financial Regulation 

 

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