In diesem Teil unserer Q&A-Reihe zu aktuellen Themen im Bereich nachhaltiger Finanzierungen konzentrieren wir uns auf die European Green Bonds und den European Green Bond Standard. Mit der Einführung einer nachhaltigen Anleihe (im englischen Bond) durch die Ende 2023 verabschiedete Verordnung der Europäische Union über europäische grüne Anleihen (Verordnung (EU) 2023/2631, umgangssprachlich auch als European Green Bonds Verordnung bezeichnet, „EuGBVO“) wird ein einheitlicher europäischer Standard für grüne Anleihen geschaffen. So sollen Emittenten ab Geltungsbeginn der EuGBVO am 21.12.2024 Anleihen als sogenannte European Green Bonds („EuGB“) begeben können.
Die EuGBVO setzt einen EU-weiten Markstandard für „grüne“ Anleihen der Klarheit und Vergleichbarkeit bei nachhaltigen Anleihen schaffen soll und als European Green Bond Standard („EuGBS“) bezeichnet wird. Dieser Beitrag bietet einen Überblick zu EUGB und EuGBS und zu deren Bedeutung im Kontext nachhaltiger Finanzierung.
EuGB sind Anleihen, die den EuGBS folgend, zur Finanzierung von ökologisch nachhaltigen Projekten dienen. Die durch die begebene Anleihe aufgenommenen Finanzmittel werden zu bestimmten, in der EuGBVO (mit Bezugnahme auf die EU Taxonomie Verordnung – Verordnung (EU) 2020/852 – und den entsprechenden Delegierten Verordnungen) nachhaltigen/grünen Zwecken, verwendet. Es handelt sich nicht um eine besondere neue Art von Anleihe. Vielmehr machen die Verwendung der eingesammelten Gelder entsprechend der EuGBVO sowie die Einhaltung der Transparenzpflichten und weiteren Voraussetzungen der EuGBVO, eine traditionelle Anleihe zu einem EuGB.
Der EuGBS setzt den Marktstandard für grüne Anleihen fest. Er setzt sich insbesondere aus anleihebezogenen Anforderungen, Anforderungen an Transparenz und externe Prüfung der Anleihe sowie Bedingungen für die Verwendung der Bezeichnung ‚europäische grüne Anleihe‘ oder ‚EuGB‘ zusammen. Mit dem EuGBS will die EU einen klaren Standard für grüne Anleihen setzen, der sowohl Emittenten als auch Investoren einen klaren Rechtsrahmen gibt und Greenwashing bekämpft. Der EuGBS ist eine Maßnahme der EU eine klimaneutrale Wirtschaft mit nachhaltigem Wachstum zu gestalten.
Der EuGBS kann freiwillig für jede Anleihe gewählt werden. Emittenten können entscheiden, ob sie ihre Anleihe als EuGB den EuGBS folgend emittieren, auf anderweitige Standards zurückgreifen - wie den Climate Bond Standard oder die Green Bond Principles der ICMA – oder überhaupt keine ESG-bezogenen Standards zugrunde legen.
Hier gilt es allerdings zu beachten, dass bei einer Zugrundelegung anderer Standards die Anleihen nicht als ‚europäische grüne Anleihe‘ oder ‚EuGB‘ bezeichnet werden dürfen. Auch entsprechen Standards wie die Green Bond Principles der ICMA nicht unmittelbar den Maßstäben der EU Taxonomie Verordnung, der Corporate Sustainability Reporting Directive (Verordnung (EU) 2022/2464 – „CSRD“) oder der Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation – Verordnung (EU) 2019/2088 – SFDR). Damit scheiden Synergien (z.B. im Bereich der zu erhebenden und zu veröffentlichenden Informationen) mitunter aus.
Vorteile des EuGBS können sich insbesondere aus Synergieeffekten mit sonstigen EU-Nachhaltigkeitsregelwerken wie der EU Taxonomie Verordnung oder der CSRD ergeben.
Der EuGBS bringt unter anderem folgende Vorteile mit sich:
Um eine Anleihe als ‚europäische grüne Anleihe‘ oder ‚EuGB‘ bezeichnen zu dürfen, müssen die Kriterien des Titel 1 der EuGBVO erfüllt sein.
Dies erfordert unter anderem, dass die mit der Anleihe aufgenommenen Mittel im Einklang mit den laut EuGBVO als Taxonomieanforderungen bezeichneten Zwecken verwendet werden. Gemeint sind hier die Grade der ökologischen Nachhaltigkeit gemäß Artikel 3 der EU Taxonomie Verordnung, wie zum Beispiel einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer Umweltziele nach der EU Taxonomie Verordnung zu leisten.
Darüber hinaus müssen Emittenten Offenlegungs- und Transparenzpflichten nachkommen und unter anderem jährliche Allokationsberichte erstellen und auf der Website veröffentlichen. Solche Allokationsberichte enthalten Angaben zu den getätigten Investitionen (CapEx-Plan) die den Vorgaben der EU Taxonomie Verordnung (genauer der diesbezüglich erlassenen Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178) entsprechen müssen.
Emittenten müssen ferner ein Informationsblatt erstellen, dieses Informationsblatt einer Voremissionsprüfung unterziehen lassen und auf der Website veröffentlichen. Die EuGBVO enthält hierzu ein Muster.
Die Einführung der EuGB ist begrüßenswert. Sie bildet eine Brücke zu den bestehenden EU-Regularien wie der EU Taxonomie Verordnung oder der CSRD. Damit könnte sich für Finanzmarktteilnehmer die Möglichkeit ergeben, von Synergien zu profitieren. Anders als die bereits am Markt etablierten Standards gibt der EuGBS einen Rahmen vor, der sich an den EU-Regularien orientiert. In ebendieser Anknüpfung an komplexe Regularien wie die EU Taxonomie Verordnung oder die CSRD (mitsamt den umfangreichen European Sustainability Reporting Standards - ESRS) besteht die Gefahr, dass sich Emittenten von den komplexen Regelwerken abschrecken lassen.
Aus Sicht der Investoren dürfte insbesondere die Verpflichtung zur Prüfung der Emission erfreulich sein, da sie sich eventuell je nach den eigenen Anlagerichtlinien eine eigene Prüfung sparen können. Hierdurch und durch die Regelung der Bezeichnung als ‚europäische grüne Anleihe‘ oder ‚EuGB‘ dürfte zudem aus Investorensicht auch erfreulich sein, dass Greenwashing eingedämmt wird.
Mit freundlicher Unterstützung von Alexander Grünewald, (Studentischer Mitarbeiter) Bird & Bird Frankfurt am Main – Finance & Financial Regulation