Die erste große Aufregung über den Bruch der Regierungskoalition durch die Entlassung des Finanzministers und die Rücktritte weiterer Minister am 06. und 07.11.2024 hat sich inzwischen gelegt. Der Fahrplan zu einer Neuwahl des Parlaments steht.
Neben einer Aufarbeitung der Gründe für das Auseinanderbrechen der Koalition und der Verantwortung dafür fokussiert sich die weitere politische Debatte inzwischen darauf, welche Folgen die Regierungskrise auf die laufenden Gesetzgebungsverfahren haben wird.
Speziell im Bereich des Energierechts sind viele Gesetzesvorhaben in der Schwebe. Mit welcher Wahrscheinlichkeit was noch umgesetzt wird hängt dabei nicht nur vom jeweiligen aktuellen Status des Gesetzgebungsverfahrens ab, sondern insbesondere davon, ob sich eine gesetzgeberische Mehrheit im Parlament finden wird.
In der folgenden (nicht abschließenden) Zusammenstellung geben wir eine Übersicht über einige wesentliche der aktuellen Gesetzesentwürfe.
Am 13.11.2024 hat das Bundeskabinett einem umfassenden und umfangreichen (452 Seiten) Gesetzesentwurf zur Änderung des EnWG, des EEG, des Messstellenbetriebsgesetzes und zahlreicher weiterer Gesetze zugestimmt. Der Entwurf beinhaltet unter anderem Regelungen zum Angebot von Festpreis-Stromlieferverträgen, zum Energy Sharing, zum Netzanschluss (siehe auch unseren Artikel zum Thema), zum Smart-Meter-Ausbau und zur Förderung des Solarkraftausbaus.
Bereits angesichts des Umfangs erscheint fraglich, ob alle der Regelungen umgesetzt werden. Das federführende Wirtschaftsministerium sieht aber zumindest Chancen für eine teilweise Umsetzung.
Die jüngste Erneuerbaren Richtlinie mit Regelungen zu Beschleunigungsgebieten und zum Ausbau von Energiespeicheranlagen ist grundsätzlich bis zum 21. Mai 2025 in nationales Recht umzusetzen. Zwar wurden mehrere Umsetzungsgesetze in das parlamentarische Verfahren eingebracht, deren Verabschiedung ist derzeit jedoch unsicher.
Die Umsetzung der Emissionshandelsrichtlinie im TEHG ist noch im Oktober von der Bundesregierung beschlossen worden. Der Gesetzesentwurf soll Voraussetzungen für den Start des Emissionshandels in den Sektoren Gebäude und Verkehr festlegen. Eine Umsetzung drängt angesichts der 2025 notwendigen Emissionsgenehmigungen und der dann greifenden Berichtspflicht besonders.
Zur Umsetzung der Kraftwerkstrategie plant die Bundesregierung ein Kraftwerkssicherheitsgesetz, zum dem laut Medienberichten mittlerweile ein Referentenentwurf vorliegt. Die Regelungen zu neuen Ausschreibungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke und Langzeitspeicher für Strom sollen die Volatilität der Stromerzeugung auffangen, der mit einem höheren Anteil Erneuerbarer Energien im Strommix einhergeht.
Angesichts eines fehlenden Haushaltsbeschlusses und aktueller Äußerungen aus der Unionsfraktion, erscheint ein erfolgreicher Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens unwahrscheinlich.
Der Entwurf zur Änderung des Kohlendioxidspeicherungsgesetzes (siehe auch unseren Artikel) wurde kürzlich in einer öffentlichen Ausschussanhörung diskutiert. Inhaltlich wird der geplanten Ermöglichung der Speicherung von CO2 von den Unionsparteien grundsätzlich zugestimmt, sodass eine Umsetzung nicht gänzlich ausgeschlossen ist.
Weniger klar ist die Perspektive hingegen beim Wasserstoffbeschleunigungsgesetz, das ebenfalls bereits im Ausschuss für Klimaschutz und Energie angehört wurde. Durch das Gesetz sollen insbesondere für Elektrolyseure die Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht und digitalisiert werden.
Auch die Verordnungen zur Änderung der AVBFernwärmeverordnung und zur Anpassung der Ladesäulenverordnung sind derzeit in der Schwebe. Da bislang nur Referentenentwürfe vorliegen, ist eher unwahrscheinlich, dass die Vorhaben noch wie geplant umgesetzt werden können.
Für die Änderung der 38. BImSchV zum THG-Quotenhandel ist ein Beschluss des Bundeskabinetts ausreichend. Dieser wurde am 13. November gefasst, sodass die geplante Verpflichtung von Kraftstoffanbietern zur Senkung der Treibhausgasemissionen ihrer Kraftstoffe noch in diesem Jahr in Kraft treten kann.
Ob und, wenn ja, welche der genannten Initiativen noch vor dem Ende der Legislatur des 20. Deutschen Bundestages beschlossen werden, wird vom politischen Willen der bisherigen Regierungskoalition und insbesondere der Unionsparteien abhängen.
Auch unter Berücksichtigung der bisherigen inhaltlichen Positionen der Parteien bleibt eine Prognose angesichts zu erwartender wahlkampftaktischer Entscheidungen unsicher. Erst mit der Zeit wird sich daher zeigen, ob die Ampel für die Energiegesetzgebung dauerhaft auf rot steht, oder sich der Stau (teilweise) auflöst.
Für eine verlässliche Energiewende wäre es sicher hilfreich gewesen, wenn statt des abrupten Endes der Ampel eine geordnete Auflösung nach Abarbeitung der dringenden Gesetzgebungsprojekte gegeben hätte. Stattdessen gibt es nun eine lange Zeit mit zwei Phasen der Unsicherheit: Die gerade begonnene Phase der Ampelrestgesetzgebung und nach der Wahl die Phase bis zur Einsatzfähigkeit einer neuen Regierung.