Urlaubsansprüche in der Elternzeit

Geschrieben von

martin nebeling module
Dr. Martin Nebeling

Partner
Deutschland

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht bin ich als Partner im Arbeitsrechtsteam in Deutschland und unserer Praxisgruppe Internationales Arbeitsrecht tätig und biete breitgefächerte Expertise in komplexen arbeitsrechtlichen Sachverhalten.

Das BAG bestätigte, dass Urlaubsansprüche während der Elternzeit weder verfallen noch verjähren. Wie der Arbeitgeber Urlaubsansprüche rechtssicher kürzen kann.

BAG, Urteil v. 16.04.2024 – 9 AZR 165/23

Urlaubsansprüche während der Elternzeit – Kein automatischer Verfall

In einem kürzlich entschiedenen Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) forderte eine Arbeitnehmerin, die Abgeltung von 146 Urlaubstagen aus den Jahren 2015 bis 2020. Diese Urlaubsansprüche waren fast vollständig während des zweifachen Mutterschutzes und der Elternzeiten entstanden, konnten jedoch nicht gewährt oder genommen werden, da die Arbeitnehmerin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durchgehend in Elternzeit war. Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses seitens der Arbeitnehmerin, verlangt sie die Abgeltung der offenen Urlaubstage in Höhe von EUR 24.932,42.

Das BAG entschied, dass der Urlaubsanspruch nicht verfallen ist. Der Arbeitgeber hatte keine wirksame Verkürzungserklärung gemäß § 17 BEEG abgegeben, wodurch der gesamte Urlaubsanspruch erhalten blieb.

Kürzung erfordert rechtsgeschäftlicher Erklärung 

Das BAG hob hervor, dass ein Arbeitgeber zwar das Recht hat Urlaubsansprüche nach § 17 Abs. 1 BEEG während der Elternzeit für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel zu kürzen, dies aber nur durch eine rechtsgeschäftliche Erklärung geschehen kann. Im verhandelten Fall hatte der Arbeitgeber diese Kürzung erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt. Das Kürzungsrecht setzt jedoch voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub bei Zugang der Kürzungserklärung noch besteht. Es kann also nicht mehr ausgeübt werden, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Damit hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf die volle Abgeltung der Urlaubsansprüche. Eine nachträgliche Kürzung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist mithin nicht mehr möglich.

Während Mutterschutz und Elternzeit entstehen Urlaubsansprüche

Wichtig ist zudem, dass sowohl Mutterschutz als auch Elternzeit das Entstehen von Urlaubsansprüchen nicht verhindern. Gemäß § 24 MuSchG und § 17 II BEEG bleiben Urlaubsansprüche auch während dieser Schutzzeiten bestehen. Der Arbeitgeber kann den Urlaubsumfang der Elternzeit nur kürzen, wenn eine entsprechende Kürzungserklärung abgegeben wird – dies war hier nicht der Fall.

Das BAG stellte fest, dass Urlaubsansprüche während des Mutterschutzes und der Elternzeit nicht nach den üblichen Fristen verfallen oder verjähren. Der gesetzliche Schutz sieht vor, dass sich das Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG auf das maßgebliche Urlaubsjahr nach Ablauf der Elternzeit verschiebt. Daher konnten die Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2015 bis 2017 nicht verfallen.

Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat die Klägerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Abgeltung sämtlicher offener Urlaubstage. Im konkreten Fall waren das 146 Tage. Dabei errechnet sich die Höhe der Abgeltung aus dem Bruttomonatsgehalts (EUR 3.700) und der Anzahl der Urlaubstage, was zu einem Betrag von EUR 24.932,42 führt. Alle Urlaubsansprüche bestehen, aufgrund der nicht erfolgten Kürzungserklärung sowie dem nahtlosen Mutterschutz und Elternzeiten fort. Die letzte Mutterschutzfrist bestand bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Fazit – Klare Handlungsanweisungen für Arbeitgeber

Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig es für Arbeitgeber ist, Urlaubsansprüche während der Elternzeit aktiv zu verwalten. Eine Kürzung der Urlaubsansprüche erfordert eine entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärung. Ohne diese werden während der Elternzeit ungekürzt erworben. Sie müssen die Ansprüche bestehen und müssen gegebenenfalls nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten werden. Zudem verjähren Urlaubsansprüche während der Elternzeit nicht wie sonst üblich, was Arbeitgeber beachten sollten, um unnötige Kosten zu vermeiden.

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