Die EU-Mitgliedstaaten haben am Freitag, den 15. März 2024, für die politisch umstrittene und von Deutschland auf der Zielgeraden abgelehnte Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) gestimmt.
Die EU-Mitgliedstaaten haben am Freitag, den 15. März 2024, für die politisch umstrittene und von Deutschland auf der Zielgeraden abgelehnte Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) gestimmt. Mit der CSDDD verfolgt die Europäische Union das ambitionierte Ziel, Unternehmen innerhalb ihres eigenen Geschäftsbereichs und entlang der gesamten Wertschöpfungskette zur Einhaltung der Menschenrechte und des Umweltschutzes zu verpflichten.
Nachdem am 14. Dezember 2023 in den Trilog-Verhandlungen auf europäischer Ebene eine vorläufige Einigung über die Richtlinie zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD) getroffen wurde, geriet diese Einigung aufgrund der angekündigten Enthaltungen der Mitgliedsstaaten Deutschland und Italien in Gefahr. Erst in den letzten Zügen konnten im Wege diplomatischer Verhandlungen unter Leitung des belgischen Ratspräsidenten eine Einigung über die Inhalte der CSDDD erzielt werden. Im Vergleich zu der am 14. Dezember getroffenen vorläufigen Einigung wurde die aktuelle Version der CSDDD nochmals angepasst und insgesamt an einigen Stellen (insbesondere hinsichtlich des Anwendungsbereichs) unternehmerfreundlicher ausgestaltet. Nur so konnte die erforderliche Mehrheit aufgrund der Enthaltung Deutschlands gesichert werden.
Die neuerlichen Anpassungen betreffen nach aktuellen Erkenntnissen vor allem die folgenden Aspekte: [1]
Ja. Im Gegensatz zum abgeschwächten Anwendungsbereich sieht die Richtlinie in Bezug auf die geschützten Rechtsgüter sowie hinsichtlich der einzuhaltenden Sorgfaltspflichten eine deutliche Ausweitung im Vergleich LkSG vor. So legt die CSDDD verpflichteten Unternehmen weitreichende Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Einhaltung umweltrechtlicher und menschenrechtlicher Vorgaben in ihren Lieferketten auf. Die Einigung sieht (im Vergleich zum LkSG) insbesondere deutliche Verschärfungen in Bezug auf den Schutz der Umwelt vor und berücksichtigt u.a. alle messbaren Umweltbeeinträchtigungen wie schädliche Bodenveränderungen, Wasser- oder Luftverschmutzung, schädliche Emissionen, übermäßigen Wasserverbrauch sowie andere Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zum LkSG dar, welches bislang stark auf den Schutz von Menschenrechten fokussiert ist. In diesem Zusammenhang greift der Entwurf der CSDDD insbesondere auch das im Pariser Klimaabkommen festgelegte 1,5°C Ziel auf. Nach der CSDDD verpflichtete Unternehmen müssen insoweit einen Plan erarbeiten und umsetzen, wie sie im Rahmen ihres Geschäftsmodells und ihrer Unternehmensstrategie dazu beitragen, das Klimaschutzziel zu erreichen („transition plan“).
Zudem müssen sich die betroffenen Unternehmen auf neue zivilrechtliche Haftungstatbestände einstellen, da die CSDDD bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten eine zivilrechtliche Haftung gegenüber Privatpersonen einführt. Neben hohen Geldstrafen können Unternehmen künftig also unter bestimmten Umständen auch mit Ansprüchen der Betroffenen konfrontiert werden. Das LkSG sieht eine derartige zivilrechtliche Haftung aktuell nicht vor (vgl. § 3 Abs. 3 LkSG).
Mit Blick auf das LkSG-Beschwerdeverfahren und die Einführung spezifischer Präventions- und Abhilfemaßnahmen gibt es kaum relevante Änderungen im Vergleich zum LkSG.
Ja. Zwar sieht die neue Version der CSDDD auch leichte Anpassungen in Bezug auf die Wertschöpfungskette vor (siehe oben). Die einzuhaltenden Sorgfaltspflichten beziehen sich aber im Wesentlichen weiterhin auf die gesamte Wertschöpfungskette. Unternehmen müssen in angemessener Weise sowohl die vorgelagerte als auch die nachgelagerte Kette im Blick haben (auch bekannt unter den Begrifflichkeiten „upstream-supplier“ und „downstream-supplier“). Sofern umwelt- und/oder menschenrechtliche Verstöße durch einen Zulieferer nicht verhindert oder beendet werden, droht als ultima ratio – genau wie nach dem LkSG – sogar die Beendigung der Geschäftsbeziehung mit diesem.
Nein. Unmittelbare Auswirkungen auf die Praxis deutscher und europäischer Unternehmen hat der Richtlinienvorschlag derzeit (noch) nicht. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments müssen noch über die Regelungen abstimmen. Im April 2024 haben sie dazu die letzte Gelegenheit, bevor im Juni Neuwahlen auf europäischer Ebene anstehen.
Im Nachgang müssen die Bestimmungen der Richtlinie sodann innerhalb bestimmter Fristen in nationales Recht umgesetzt werden. Der deutsche Gesetzgeber wird also ein entsprechendes Gesetz erlassen oder das bestehende LkSG entsprechend anpassen (zweitere Variante ist deutlich wahrscheinlicher). Hiermit dürfte realistischerweise im Jahr 2025 oder 2026 zu rechnen sein.
[1] Die finale Textfassung lag den Autoren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht vor. Die angesprochenen Anpassungen basieren auf dem vom Generalsekretariat des Rates veröffentlichen Dokument „Analysis of the final compromise text with a view to agreement“, welches unter folgendem Link abrufbar ist: 1710431679412 (licdn.com) (zuletzt abgerufen am 16. März 2024).
[2] Sollte Deutschland diesen Aspekt vollständig übernehmen und das LkSG entsprechend anpassen, würden Euractiv (EU-Lieferkettengesetz wird stark abgeschwächt: 70% weniger Unternehmen betroffen – Euractiv DE) zufolge auch weniger Unternehmen vom LkSG betroffen sein als dies derzeit der Fall ist. Denn aufgrund der doppelten Kriterien für die Anwendung der CSDDD (Umsatz und Mitarbeiterzahl) wären in Deutschland vermutlich weniger Unternehmen betroffen. In der Vergangenheit wurden europäische Richtlinien in Deutschland aber oftmals auch überbordend umgesetzt, so dass insoweit abzuwarten bleibt, wie die Anpassungen in Bezug auf das LkSG aussehen werden.