Bundesregierung schickt Anfragen an EU mit dem Verlangen Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen/Konzerne zu verschieben und abzuschwächen

Geschrieben von

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Timo Förster

Associate
Deutschland

Als Associate in der Praxisgruppe Finanzierung & Finanzregulierung in unserem Büro in Frankfurt berate ich internationale Mandanten zu banken- und finanzierungsrechtlichen Fragen.

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Dr. Michael Jünemann

Partner
Deutschland

Als Co-Head der globalen Finance & Financial Regulation Praxisgruppen und Leiter der deutschen Finance & Financial Regulation Praxisgruppe berate ich in den Bereichen des nationalen und internationalen Finanz- und Kapitalmarktrechts sowie im Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht. Zudem bin ich Mitglied der internationalen Steuerungsgruppe unserer Sektorgruppe Finanzdienstleistungen.

Mehrere deutsche Bundesministerien haben im Dezember 2024 ein Schreiben an die Europäische Kommission gerichtet, mit dem Verlangen zahlreiche Reporting-Pflichten für Unternehmen und Konzerne unter der Richtlinie 2022/2464 (sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive – „CSRD“) zu verschieben und/oder abzuschwächen. Im Januar 2025 hat auch der Bundeskanzler in einem Brief an die Kommissionspräsidentin eine Offensive zur Reduzierung von Berichtspflichten gefordert. 

Die deutsche Wirtschaft habe hier weiteren dringenden Handlungsbedarf angezeigt, insbesondere hinsichtlich der Belastungen im Rahmen der CSRD, der EU Taxonomie Verordnung und der Europäischen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD). Allein die die CSRD ergänzenden Standards, welche zu beachtende Reporting-Pflichten (sogenannte Datenpunkte) näher beschreiben und festlegen (die European Sustainability Reporting Standards - „ESRS“) umfassen insgesamt mehr als 1.000 potenzielle Datenpunkte. Die deutschen Ministerien sowie der Bundeskanzler sehen in der gegenwärtigen Form den Mehrwert der CSRD in keinem Verhältnis zum bürokratischen Aufwand für die Unternehmen. 

Als mögliche Lösung dieser Diskrepanz schlagen die deutschen Ministerien und der Bundeskanzler unter anderem vor die in der CSRD enthaltenen Berichtspflicht um zwei Jahre nach hinten zu verschieben, die Schwellenwerte erhöhen, wodurch weniger Unternehmen oder Konzerne in den Anwendungsbereich der CSRD fallen oder die ESRS zu kürzen und dadurch Unternehmen nicht zu überfordern. Die deutsche Regierung gibt an sie sei grundsätzlich bestrebt bürokratische Bürden für Unternehmen abzubauen, wobei unverhältnismäßige Reportingpflichten eine Priorität darstellen.

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Deutschland mit der Umsetzung der CSRD deutlich in Verzug ist: Als Richtlinie gilt es die CSRD in nationales Recht zu überführen. Dies sollte bis zum 6. Juli 2024 geschehen. Ist dies nicht der Fall, drohen mitunter massive Strafzahlungen die von Deutschland zu leisten sind. Zwar ist Deutschland nicht das einzige Land, welches die CSRD noch nicht in nationales Recht umgesetzt hat (von den 27 Mitgliedstaaten der EU haben im Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels haben noch 7 Weitere Mitgliedstaaten die CSRD nicht umgesetzt). Mit den im Februar anstehenden Neuwahlen wird sich der seit März 2024 als Referentenentwurf und seit Juli 2024 als Regierungsentwurf verfügbare Gesetzesvorschlag voraussichtlich aber auch weiterhin verzögern.

Ferner gilt zu Bedenken, dass die ersten Unternehmen ab 2025 bereits ihren Berichtspflichten nachkommen müssen und große Unternehmen ab 2025 beginnen müssen die relevanten Daten zu erheben und zu bewerten. Um dies bewerkstelligen zu können gilt es die komplizierten Regelungswerke aufwendig im Konzern oder Unternehmen zu implementieren, was nicht nur einen immensen Verwaltungsaufwand, sondern in der Regel auch hohe Kosten mit sich bringt. Die Unternehmen/Konzerne, die diesen Aufwand bereits auf sich genommen haben, würden damit einen Wettbewerbsnachteil aufgebürdet bekommen.

Ob die an die Europäische Kommission gerichteten Schreiben letztlich alleine dazu führen, dass die CSRD grundlegend überarbeitet wird scheint zweifelhaft. Fraglich gestaltet sich hierbei aber auch, ob dies tatsächlich das Ziel der Schreiben war oder sie vielmehr auf die anstehenden Wahlen im Februar 2025 abzielen. Vielmehr hat die Europäische Kommission im Dezember und zuletzt im Januar vage angedeutet, dass sie im Rahmen eines ‚omnibus simplification packages’ unter anderem die Regelungen der CSRD und den Umfang der ESRS vereinfachen möchte. Die Schreiben der Bundesregierung machen insoweit deutlich, dass ein großes Interesse an Vereinfachungen im Zusammenhang mit der CSRD sowie den ESRS besteht. Nähere Informationen zum ‚omnibus simplification package’ wurden für Ende Februar 2025 angekündigt.

 

Mit freundlicher Unterstützung von Silan Loennecker (studentischer Mitarbeiter).
 

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