COVID-19: Digitale Beteiligung in Genehmigungsverfahren beschlossen

Geschrieben von

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Dr. Matthias Lang

Partner
Deutschland

Als Partner unserer internationalen Sektorgruppe Energie- und Versorgungswirtschaft und Mitglied der Praxisgruppe Öffentliches Wirtschaftsrecht biete ich unseren Mandanten kommerzielles Denken und langjährige Expertise in regulatorischen Aspekten rund um Infrastruktur und Energie.

tobias buescher module
Dr. Tobias Büscher

Associate
Deutschland

Ich bin Associate in unserem Düsseldorfer Büro und berate zu Fragen des Energie-, Umwelt- und Planungsrechts sowie des Öffentlichen Wirtschaftsrechts insgesamt.

Mit dem neuen Planungssicherstellungsgesetz werden für alle Umwelt- und Infrastrukturgenehmigungsverfahren digitale Beteiligungsmöglichkeiten eingeführt. Die kontaktlose Öffentlichkeitbeteiligung im Internet einschließlich der neuen Beteiligungsform der Online-Konsultation ist ein wichtiger Schritt zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren. Sie ermöglichen insbesondere die Durchführung der Genehmigungsverfahren auch zu Pandemiezeiten.

Was wird geregelt?

Das Gesetz zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Planungs- und Genehmigungsverfahren während der COVID-19-Pandemie (Planungssicher-stellungsgesetz – PlanSiG) sieht eine Modifikation der Öffentlichkeitsbeteiligung in zahlreichen Genehmigungsverfahren vor. Von der Bauleitplanung über immissionsschutzrechtliche Genehmigungs-verfahren und Beteiligungen nach dem UVPG bis hin zu den Fachplanungsgesetzen (u.a. EnWG, NABEG, WHG, BFernStrG) sind zahlreiche Verfahren erfasst.

Die Regelungen gelten dabei befristet bis zum 31.03.2021.

Bekanntmachung und Auslegung im Internet

Das Gesetz erlaubt, bisherige Bekanntmachungen durch Aushänge oder Einsichtnahme durch die Veröffentlichung des Inhalts der Bekanntmachung im Internet zu ersetzen.

Gleiches wird bei der Auslegung von Unterlagen oder Entscheidungen möglich, auf die nicht verzichtet werden kann. Dann ist in der Bekanntmachung der Auslegung darüber zu informieren, dass und wo die Unterlagen online veröffentlicht werden. Sofern eine zusätzliche physische Auslegung nach Einschätzung der Behörde nicht stattfinden kann, soll zudem eine „andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeit“ eingerichtet werden. Beispielhaft benennt die Begründung öffentlich zugängliche Lesegeräte oder die Versendung der Unterlagen.

Online-Konsultation und Videokonferenz

Neben Erleichterungen der Erklärung zur Niederschrift sind zudem digitale Alternativen für die Durchführung von Erörterungsterminen, mündlichen Verhandlungen und Antragskonferenzen vorgesehen.

Hierzu stellt das Gesetz zunächst klar, dass bei Ermessensentscheidungen über die Durchführung entsprechender Termine die derzeitigen Beschränkungen und das gesundheitliche Risiko Berücksichtigung finden können. Das dürfte auch bisher schon der Fall gewesen sein. Jetzt stellt das Gesetz es zweifelsfrei klar.
Sofern auf den Beteiligungstermin nicht verzichtet werden kann, ist es nunmehr ausreichend, eine Online-Konsultation durchzuführen. Im Rahmen dieser auf nationaler Ebene gänzlich neuen Beteiligungsform sind den Teilnahmeberechtigten, die in dem ersetzten Termin zu behandelnden Informationen zugänglich zu machen und die Gelegenheit zur schriftlichen oder elektronischen Äußerung innerhalb einer angemessenen Frist zu geben.

Mit Einverständnis der Teilnahmeberechtigten kann die Online-Konsultation durch eine Telefon- oder Videokonferenz ersetzt werden.

Fristverkürzungen oder über die bloße Ermöglichung der Durchführung der Beteiligung hinausgehende Beschleunigungsmaßnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Auch die Fehlerfolgen des jeweiligen Fachrechts bleiben unberührt.

Durch den Ausschuss für Inneres und Heimat wurde der Text dahingehend ergänzt, dass der Vorhabenträger mit Blick auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Veröffentlichung in den Unterlagen widersprechen kann. In der Folge hat die Behörde das Verfahren jeweils bis zur Auslegung bzw. Erörterung in hergebrachter Form auszusetzen.

Einordnung

Die anstehende Digitalisierung im Verwaltungsverfahren und Nutzung des Internets ist sicher sinnvoll. 

Insbesondere spiegeln Bekanntmachung und Auslegung im Internet eine Anpassung der Rechtslage an die technologische Realität wider. Die neugeschaffene Beteiligungsform der Online-Konsultation wird sicher anfangs eine praktische Herausforderung in der Durchführung. Zu klären ist, ob diese auch bei lediglich fakultativen Erörterungsterminen möglich sein wird.

Unter Beschleunigungsgesichtspunkten begrüßenswert ist die im Vergleich zu einem Vorentwurf erfolgte Verkürzung der Online-Konsultation auf eine Stellungnahmemöglichkeit. Der Vorentwurf sah demgegenüber noch eine zweite Reaktionsmöglichkeit auf die Stellungnahmeerwiderung vor.

Was ist zu tun?

Der Bundesrat hat dem Gesetz heute zugestimmt und es tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es ist daher zu erwarten, dass die neuen Regelungen sehr kurzfristig Geltung erfahren.

Vorhabenträger und Antragsteller sollten daher kurzfristig prüfen, inwieweit in laufenden Genehmigungsverfahren die neu eröffneten Möglichkeiten genutzt werden können. Die Neuregelungen bieten die Möglichkeit, Verfahren effektiv durchzuführen, ohne dass es zu pandemiebedingten Einschränkungen oder Verzögerungen kommt. Es ist zu erwarten, dass Verfahren jedenfalls gleich schnell, gegebenenfalls auch schneller durchgeführt werden können.

Vorhabenträger und Antragsteller insbesondere von zeitkritischen Projekten sollten daher gegenüber Behörden frühzeitig die nach Verkündigung des Gesetzes bestehenden Möglichkeiten der modifizierten Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung, insbesondere von Erörterungsterminen, ansprechen und gegebenenfalls einfordern.

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