Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stellte kürzlich einen Richtlinienentwurf für nachhaltige Investmentvermögen zur Konsultation (BaFin-Konsultation 13/2021). In Ergänzung zur Europäischen Offenlegungsverordnung und der Taxonomieverordnung sollen hier Nachhaltigkeitsaspekte bezogen auf das Investmentvermögen konkretisiert und ein „Greenwashing“ verhindert werden.
In einem ersten Teil sind wir auf aktuelle Entwicklungen im Sustainable Finance Bereich und auf Grundlage des Richtlinienentwurfs eingegangen. In diesem zweiten Teil beleuchten wir nun die Anforderungen an ein nachhaltiges Investmentvermögen nach dem Richtlinienentwurf und geben einen Ausblick auf rechtliche Hürden.
ESG – Environmental Social Governance gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung und wird auch auf EU-Ebene als sehr bedeutend wahrgenommen, was sich nicht zuletzt am EU „Green Deal“, dem Erlass der Offenlegungsverordnung (Verordnung (EU) 2019/2088 Sustainable Finance Disclosure Regulation – kurz „SFDR“) – oder auch der Taxonomieverordnung (Verordnung (EU) 2020/852 – kurz „TaxonomieVO“) deutlich erkennen lässt.
In Ermangelung etwaiger näher konkretisierender EU, oder auch deutscher (Gesetzes-)Vorgaben, hat die BaFin den Entwurf einer Richtlinie für nachhaltig ausgerichtete Investmentvermögen veröffentlicht, die sogenannte „BaFin-Konsultation 13/2021: Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen“ (im Folgenden der „Richtlinienentwurf“). Die BaFin möchte mit ihrem Richtlinienentwurf Klarheit schaffen und konkretisiert daher unter anderem ab wann ein Investment als „nachhaltig“ bezeichnet/vertrieben werden darf. Hierdurch soll die Gefahr verringert werden, dass der Anleger über das Label „Nachhaltigkeit“ in die Irre geführt wird (sog. Greenwashing).
Der Richtlinienentwurf lässt die Bezeichnung als nachhaltiges Investment bei Vorliegen von (mindestens) einer der drei nachfolgenden Kategorien zu. Weiter setzt der Richtlinien-Entwurf voraus, dass sich diese Aspekte nicht nur in den Verkaufsunterlagen, sondern auch in den Anlagebedingungen widerspiegeln. Hierdurch wird unter anderem ein Einschreiten der Verwahrstelle bei Verletzung der Anlagebedingungen ausgelöst (§§ 78 und 89 KAGB).
Eine Bezeichnung als nachhaltig soll nach dem Richtlinienentwurf möglich sein, wenn 75% des Investmentvermögens in nachhaltige Vermögensgegenstände investiert sind. Was genau ein nachhaltiger Vermögensgegenstand ist, soll dann in den Anlagebedingungen angegeben werden und sich nach der Definition in der SFDR richten (Art. 2 Nr. 17 SFDR).
Der Richtlinienentwurf verlangt weiter, dass Kapitalverwaltungsgesellschaften auf eine Kombination von positiven Eigenschaften (eine gewisse Prozentsumme muss mindestens in erneuerbare Energien o.ä. investiert sein) und Ausschlusskriterien (z.B. keine Investitionen in fossile Brennstoffe) zurückgreifen. Hierdurch wird auch dem in der TaxonomieVO enthaltenen „do no significant harm“ Prinzip Rechnung getragen, nach welchem das Erreichen eines Umweltziels nicht konterkariert werden darf, wenn zugleich einem anderen Umweltziel zuwidergelaufen wird.
Fonds sollen in ihren Anlagebedingungen (in Bezug auf Investitionen in Finanzinstrumente oder Unternehmensbeteiligungen) gewährleisten, dass die Emittenten/Portfolio-Unternehmen:
Die BaFin konkretisiert zudem weiter, was aus ihrer Sicht nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung beiträgt: z.B. solche Investments, deren Umsatz sich zu max. 10% aus fossilen Brennstoffen (allerdings nicht in Bezug auf Gas) oder Atomstrom, zusammensetzt.
Weitere Vorgaben stellt der Richtlinienentwurf an solche Fonds, die in Immobilien und andere Sachwerte investieren dürfen. Hier muss z.B. die Sanierung der Immobilie einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung mindestens eines Umwelt- oder Sozialziels nach SFDR bzw. Umweltziel nach der TaxonomieVO leisten.
Auch über die Anlagestrategie ohne feste Anlagegrenzen kann eine Klassifizierung als nachhaltig erfolgen, wenn die Anlagebedingungen vorsehen, dass bei mindestens 75% des Investmentvermögen Nachhaltigkeitsgesichtspunkte/-faktoren bei der Auswahl der Vermögensgegenstände eine entscheidende Rolle spielen. Der Richtlinienentwurf nennt hier beispielhaft einen „Best-in-Class“ Ansatz als mögliche Anlagestrategie. Eine nähere Konkretisierung der jeweiligen Vergleichskategorien (sprich der „Class“) enthält der Richtlinienentwurf nicht.
Sollte ein nachhaltiger Index nachgebildet werden, reicht es nach dem Richtlinienentwurf der BaFin nicht aus, dass auf die Einstufung des Index-Anbieters verwiesen wird. Auch hier ist in den Anlagebedingungen aufzuführen inwiefern der Index die Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt (insbesondere einen Beitrag zur Verwirklichung mindestens eines Umwelt- oder Sozialziels nach SFDR, bzw. Umweltziele nach der TaxonomieVO leistet).
Ein vorheriger Entwurf der Richtlinie sah noch eine Investitionsgrenze von 90% vor, welche im nun vorliegenden Richtlinienentwurf auf 75% gesenkt worden ist. Diesbezüglich wird insbesondere kritisiert, dass diese 75% Hürde noch immer zu hoch sei. Denn als problematisch wird hierbei eingeschätzt, dass sich Deutschland so nicht als Fondsstandort für nachhaltige Investmentprodukte etablieren wird. Andere Standorte könnten attraktiver erscheinen und die deutschen Nachhaltigkeitsvoraussetzungen dementsprechend selten zum Einsatz kommen.
Es wird auch abzuwarten sein, inwieweit sich die verschobene Level II Regulierung (die jeweiligen regulatory technical standards zur SFDR) auf den Richtlinienentwurf der BaFin auswirken wird. Auch bleibt spannend, ob die BaFin ihre prozentuale Hürde für Investments in nachhaltige Vermögensgegenstände von 75% in der finalen Version der Richtlinie (nochmals) nach unten korrigieren wird.