In der Corona-Pandemie war das Tragen einer Mundnasenschutz-Maske zeitweilig gesetzlich verpflichtend. Für den Arbeitsplatz galt hier nichts Anderes. Mit der Frage, ob Arbeitnehmern für das Tragen einer OP-Maske in der Arbeitszeit die Zahlung eines Erschwerniszuschlags zusteht, hat sich nun das Bundesarbeitsgericht („BAG“) befasst. Das Gericht urteilte, dass Reinigungskräfte, die bei der Arbeit pandemiebedingt eine OP-Maske tragen müssen, jedenfalls dann keinen tariflichen Erschwerniszuschlag erhalten, wenn die tarifliche Regelung an die Normen des Arbeitsschutzrechts anknüpft.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Reinigungskraft angestellt. Für das Arbeitsverhältnis gelten aufgrund Allgemeinverbindlicherklärung die Regelungen des Rahmentarifvertrags für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 31.10.2019 (RTV). Der Mitarbeiter trug coronabedingt in der Zeit von August 2020 bis Mai 2021 auf Anweisung der Beklagten bei den Reinigungsarbeiten eine medizinische Gesichtsmaske. Hierfür verlangte er auf Grundlage der einschlägigen tariflichen Bestimmung einen tariflichen Erschwerniszuschlag in Höhe von 10% seines Stundenlohns. Er war der Meinung, auch das Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske bei der Arbeit stelle eine Erschwernis dar, die durch den Erschwerniszuschlag abgegolten werden solle. Eine medizinische Gesichtsmaske sei als Teil der persönlichen Schutzausrüstung anzusehen, weil sie auch die Gefahr der eigenen Ansteckung verringere. Sowohl das Arbeitsgericht Berlin (Urt. v. 13. Juli 2021 – 17 Ca 2580/21) in der ersten Instanz als auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urt. v. 17. November 2021 – 17 Sa 1067/21) in der zweiten Instanz wiesen die Klage ab.
Die Revision vor dem BAG hatte auch keinen Erfolg. Das BAG verweist darauf, dass eine medizinische Gesichtsmaske keine Atemschutzmaske im Sinne der einschlägigen tariflichen Bestimmung ist. Die tarifliche Bestimmung knüpfe insoweit an die maßgeblichen Vorschriften des Arbeitsschutzrechts an. Danach falle unter den Begriff der Atemschutzmaske nur eine solche Maske, die vorrangig den Eigenschutz bezwecke und zu den sog. persönlichen Schutzausrüstungen gehöre. Dies treffe auf medizinische Gesichtsmasken nicht zu. Diese bezweckten lediglich einen Fremd-, aber keinen Eigenschutz, der den Anforderungen an eine persönliche Schutzausrüstung im Sinne der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften genüge. Ein Anspruch auf den tariflichen Erschwerniszuschlag nach dem RTV bestehe deshalb beim Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske nicht.
In vielen Tarifverträgen ist die Zahlung einer Erschwerniszulage vorgesehen. Arbeitnehmer erhalten dann eine Erschwerniszulage als Teil des Arbeitsentgelts, wenn die Arbeit selbst, die Arbeitsbedingungen oder die äußeren Umstände durch besonders erschwerende oder gesundheitsgefährdende Umstände geprägt sind. Als außergewöhnliche Erschwernisse gelten etwa Arbeiten mit besonderer Gefährdung, extremer, nicht klimabedingter Hitzeeinwirkung, besonders starke Schmutz- oder Staubbelastung, besonders starke Strahlenexposition oder sonstigen vergleichbare erschwerten Umstände. Auch für die Arbeit mit besonderer Ausrüstung kann – wie im vorliegenden Fall – die Zahlung einer Erschwerniszulage kollektivrechtlich zugesagt werden. So beinhalten viele Tarifverträge die Pflicht zur Zahlung einer Erschwerniszulage für Arbeiten mit einer persönlichen Schutzausrüstung. Der Begriff der persönlichen Schutzausrüstung ist ein arbeitsschutzrechtlicher Begriff und umfasst jede Ausrüstung, die dazu bestimmt ist, von den Beschäftigten benutzt oder getragen zu werden, um sich gegen eine Gefährdung für ihre Sicherheit und Gesundheit zu schützen, sowie jede mit demselben Ziel verwendete und mit der persönlichen Schutzausrüstung verbundene Zusatzausrüstung (vgl. § 1 Abs. 2 PSA-Benutzungsverordnung). Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen einer persönlichen Schutzausrüstung ist insoweit, dass die Ausrüstung dem Schutz der eigenen Sicherheit und Gesundheit zu dienen bestimmt ist.
Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen und verschafft in der Praxis Rechtssicherheit und -klarheit. Das BAG bestätigt mit seiner Rechtsprechung auch andere instanzgerichtliche Entscheidungen, die bereits zu entsprechenden Ergebnissen gekommen waren. So urteilten in der Vergangenheit bereits das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urt. v. 10. November 2021 – 6 Sa 102/21) und das Arbeitsgericht Stuttgart (Urt. v. 24. September 2021 – 10 Ca 1342/20), dass es für das Tragen einer einfachen OP-Maske keinen Erschwerniszuschlag gebe. In den zugrundeliegenden Fällen sahen die einschlägigen Tarifverträge die Zahlung eines Erschwerniszuschlags für das Tragen einer vorgegebenen Atemschutzmaske vor. Eine solche „vorgegebene Atemschutzmaske“ zeichne sich aber immer durch einen Eigenschutz der Beschäftigten vor dem Einatmen von durch die Arbeiten ausgelösten giftigen Gase, Staubpartikel o.Ä. aus und diene gerade diesem Zweck. Dies sei – wie auch das BAG richtigerweise für persönliche Schutzausrüstungen bestätigt hat – bei einfachen OP-Masken, die in erster Linie den Schutz Dritter vor Tröpfcheninfektionen bezweckten, nicht der Fall. Das BAG hat sich hingegen nicht zu der Frage geäußert, ob für das Tragen einer FFP-2-Maske eine Erschwerniszulage zu zahlen ist. Da die Atmung durch die enganliegende FFP-2-Maske im Gegensatz zur locker sitzenden OP-Maske deutlich belastet wird und somit eine besondere Erschwernis begründet werden kann (so auch schon das Arbeitsgericht Stuttgart sowie das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein), erscheint es nicht fernliegend, bei diesen Masken die tarifvertragliche Pflicht zur Zahlung einer Erschwerniszulage zu bejahen. Diese Masken dienen zudem auch gerade dem Eigenschutz vor möglichen Infektionen. Abzuwarten bleibt, ob und wie sich das höchste deutsche Arbeitsgericht zu dieser Frage positionieren wird.