Gewerkschaften haben keinen Anspruch auf Zugang und Nutzung elektronischer Kommunikationswege von Unternehmen zur digitalen Gewerkschaftswerbung.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.01.2025 – 1 AZR 33/24
In der Hochphase der Corona-Pandemie im Jahr 2020 forderte die für die Arbeitgeberin tarifzuständige Gewerkschaft weitreichenden Zugang zu dessen unternehmensinternen Kommunikationsnetzwerken. Die Gewerkschaft begehrte die Herausgabe der betrieblichen E-Mail-Adressen aller Mitarbeiter der Arbeitgeberin zum Zwecke der Mitgliederwerbung und -information sowie den Zugang als „internal user“ zu dessen konzernweiten Netzwerk, um dort werbende Beiträge erstellen zu können. Zudem verlangte sie von der Arbeitgeberin auf der Startseite ihres Intranets eine Verlinkung mit der Website der Gewerkschaft vorzunehmen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) vereinte in seinem Urteil, das bislang nur als Pressemitteilung vorliegt, einen Anspruch der Gewerkschaft auf Herausgabe der dienstlichen E-Mail-Adressen der Mitarbeiter, auch wenn erhebliche Teile der betriebsinternen Kommunikation bei der Arbeitgeberin elektronisch stattfinden und die Mitarbeiter nach der bestehenden betrieblichen Regelung bis zu 40 % ihrer Arbeitszeit mobil oder im Home Office arbeiten können. Bei seiner Entscheidung berücksichtigte das Gericht die grundrechtlich geschützte Koalitionsbetätigungsfreiheit der Gewerkschaft auf der einen Seite sowie die kollidierenden Grundrechte des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer auf der anderen Seite, welche alle möglichst weitgehend wirksam werden müssen.
Bereits die Vorinstanz (Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urt. v. 26.09.2023 – 7 Sa 344/22) hatte darauf verwiesen, dass die Mitarbeiter der Arbeitgeberin nicht ausschließlich mobil arbeiteten und zeitlich überwiegend im Betrieb anwesend seien. Der begehrte Zugriff der Gewerkschaft auf die dienstlichen E-Mail-Adressen aller Beschäftigten würde nach der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Übertragung bestehenden Rechtssituation in der analogen Betriebswirklichkeit in die digitale Betriebswirklichkeit bedeuten, sondern eine erhebliche Verbesserung ihrer Möglichkeiten der Kontaktaufnahme unter gleichzeitiger Schonung ihrer personellen Ressourcen im Vergleich zur Kontaktaufnahme und Werbung vor Ort.
Das BAG verwies in seiner Entscheidung auf seine bisherige Rechtsprechung, dass Art. 9 Abs. 3 GG den Gewerkschaften die Befugnis einräume, betriebliche E-Mail-Adressen von Beschäftigten zu Werbezwecken und für deren Information zu nutzen, wenn die Beschäftigten ihre E-Mail-Adressen ihrerseits freiwillig an die Gewerkschaft herausgegeben haben. Der Gewerkschaft stehe weiterhin die Möglichkeit offen, die Beschäftigten auf traditionelle Weise im Betrieb anzusprechen und ihre betrieblichen E-Mail-Adressen zu erbitten. Dies stelle auch für die grundrechtlich verbürgten Belange der Beschäftigten den schonendsten Ausgleich dar.
Bereits die Vorinstanz (Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urt. v. 26.09.2023 – 7 Sa 344/22) hatte darauf verwiesen, dass die Mitarbeiter der Arbeitgeberin nicht ausschließlich mobil arbeiteten und zeitlich überwiegend im Betrieb anwesend seien. Der begehrte Zugriff der Gewerkschaft auf die dienstlichen E-Mail-Adressen aller Beschäftigten würde nach der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Übertragung bestehenden Rechtssituation in der analogen Betriebswirklichkeit in die digitale Betriebswirklichkeit bedeuten, sondern eine erhebliche Verbesserung ihrer Möglichkeiten der Kontaktaufnahme unter gleichzeitiger Schonung ihrer personellen Ressourcen im Vergleich zur Kontaktaufnahme und Werbung vor Ort.
Die Gewerkschaft kann ebenso wenig die Nutzung des konzernweiten internen Netzwerks verlangen. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Arbeitgeberin übersteigen nach Auffassung des Gerichts das grundrechtlich geschützte Interesse der Gewerkschaft an der Durchführung solcher Werbemaßnahmen.
Schließlich lehnte das BAG auch einen Anspruch auf Verlinkung des Internetauftritts der Gewerkschaft im Intranet des Unternehmens ab. Die Gewerkschaft argumentierte damit, dass § 9 Abs. 3 Satz 2 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) analog anwendbar sei. Nach dieser Vorschrift haben Arbeitgeber im öffentlichen Dienst in ihrem Intranet den Internetauftritt der Gewerkschaft auf Verlangen zu verlinken. Dieser Ansicht folgte das BAG jedoch nicht und bestätigte die Vorinstanz, die damit argumentierte, dass die Regelung aus dem BPersVG nicht einfach auf die Privatwirtschaft übertragen werden könne.
Das Bundesarbeitsgericht hat einem digitalen Zugangsrecht der Gewerkschaft eine Absage erteilt. Ursprünglich hatte das Bundesarbeitsministerium unter Bundesarbeitsminister Heil in seinem Referentenentwurf zum Tarifvertragstreuegesetz ein digitalen Zugangsrecht der Gewerkschaften vorgesehen. Dies wurde jedoch bereits in dem vom Bundeskabinett der abgewählten Ampelkoalition beschlossenen Gesetzesentwurf gestrichen. Insoweit bleibt abzuwarten, ob ein digitales Zugangsrecht Fürsprecher in der neuen Regierungskoalition finden wird.