Manche Arbeitnehmer sind insbesondere aufgrund ihres hohen Verdienstes und ihrer Bekanntheit stärker als andere der Gefahr ausgesetzt, in das Visier Krimineller oder wie etwa im Fall des CEO von Rheinmetall ausländischer Geheimdienste zu geraten. Dies betrifft nicht nur etwa Bundesliga-Fußballprofi oder das DAX-Vorstandsmitglied, sondern nach Branche auch schon die erfolgreiche Geschäftsführerin einer mittelständischen GmbH. Besonders exponiert sind Personen mit Zugang zu sensiblen Daten oder Gegenständen, wie hochrangige Beamte oder Waffen- und Munitionshändler. Aber auch bei Mitarbeitern, die in Länder mit unsicherer Sicherheitslage entsandt sind, kann dies relevant sein. All diese Personen zählen zur Gruppe der besonders gefährdeten Arbeitnehmer. Für diese Menschen werden Arbeitgeber in der Regel erhöhte Schutzvorkehrungen treffen. Dabei stellt sich schnell die Frage nach der Lohnsteuerpflicht. Das neue BMF-Schreiben vom 11.11.2024 – IV C 5 – S 2332/23/10006 :001 befasst sich damit und löst dadurch das Vorgänger-BMF-Schreiben vom 30. 6. 1997 – IV B 6 – S 2334 – 148/97 ab.
Zum Schutz einer sicherheitsgefährdeten Person können beispielsweise die nachfolgenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden:
In diesem Punkt hält sich das BMF kurz: Wenn der Arbeitgeber durch Leibwächter für Schutz sorgt, muss das nicht versteuert werden, weil dieser Personenschutz immer im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt (vgl. H 19.3 „Allgemeines zum Arbeitslohnbegriff“ LStH).
Wenn für den Arbeitnehmer (egal ob Mieter oder Eigentümer) Sicherheitseinrichtungen eingebaut wurden, hängt die Frage der Lohnsteuerpflicht von der Gefährdung ab. Bei der zuständigen Sicherheitsbehörde kann offiziell die Sicherheitsgefährdung einer Person (konkrete Personengefährdung) anerkannt werden.
In diesem Fall wird dem Arbeitnehmer je nach Analyseergebnis eine von drei sog. Gefährdungsstufen zugewiesen. Auf Sicherheitsvorkehrungen für Arbeitnehmer mit einer Gefährdungsstufe von 1 und 2 fällt keine Lohnsteuer an.
Für Arbeitnehmer mit Gefährdungsstufe 3 ist dies eingeschränkt: Zum einen gibt es die Möglichkeit, Sicherheitsmaßnahmen von der Sicherheitsbehörde explizit empfehlen zu lassen. In diesem Fall sind die Maßnahmen nicht lohnsteuerpflichtig, bei Maßnahmen ohne eine solche Empfehlung gilt dies nur bis zur Höhe von 30.000 EUR (zuvor: 30.000 DM bzw. 15.339 EUR). Sobald die Aufwendungen 30.000 EUR übersteigen, ist jeder zusätzliche Euro steuerpflichtiger Arbeitslohn. Dieser Betrag gilt übergreifend – über alle Veranlagungszeiträume. Bei einer späteren Änderung der Gefährdungsstufe kommt es laut BMF zunächst darauf an, ob diese noch im Jahr des Einbaus erfolgte. Falls ja, soll die spätere Gefährdungsstufe maßgeblich sein. Falls nicht, sei die Änderung unbeachtlich.
Doch was, wenn die Gefährdungsanalyse der Sicherheitsbehörde ergibt, dass der Arbeitnehmer nicht gefährdet ist? Im alten BMF-Schreiben gab es noch die Möglichkeit seitens einer obersten Bundes- oder Landesbehörde eine Gefährdung anerkennen zu lassen oder eine solche anderweitig nachzuweisen (abstrakte Personengefährdung). Vom neuen BMF-Schreiben ist eine solche abstrakte Personengefährdung nicht mehr umfasst. Das bedeutet: Ohne Gefährdungsstufe sollen sämtliche Sicherheitsvorkehrungen des Arbeitgebers für die Wohnung seines Arbeitnehmers steuerpflichtiger Arbeitslohn sein. Damit bezieht sich das BMF auf ein Urteil des BFH vom 05.04.2006 – IX R 109/00, in dem dieser eine „abstrakte Gefährdung“ nicht ausreichen ließ.
Werden die Kosten für den Einbau der Sicherheitseinrichtungen sowie die laufenden Betriebs- oder Wartungskosten zunächst durch den Arbeitnehmer selbst getragen, können diese durch den Arbeitgeber ersetzt werden. Dies ist nach den oben genannten Maßgaben steuerfrei, wenn die Kosten in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Einbau ersetzt werden (vgl. § 3 Nr. 50 Var. 2 EStG).
Wenn der Arbeitgeber die Kosten nicht lohnsteuerfrei ersetzen kann, gesteht das neue BMF-Schreiben dem Arbeitnehmer immerhin den Werbungskostenabzug in dessen Steuererklärung zu. Das gilt zum einen für die Kosten, bei denen der enge zeitliche Zusammenhang nicht gewahrt ist, zum anderen für diejenigen, die 30.000 EUR überschreiten. Der Arbeitnehmer muss jedoch den steuerlichen Veranlassungszusammenhang (die konkrete Gefährdung) nachweisen. Gelingt ihm das nicht, sind sämtliche Aufwendungen rund um die Sicherheitseinrichtungen nicht abziehbare Kosten der privaten Lebensführung gem. § 12 Nr. 1 EStG.
Bezüglich der lohnsteuerlichen Behandlung sicherheitsgeschützter (gepanzerter) Kraftfahrzeuge (sog. Sonderschutzfahrzeuge) für den privaten Gebrauch verweist das neue BMF-Schreiben auf R 8.1 LStR und das BMF-Schreiben vom 3. März 2022 – IV C 5 – S 2334/21/10004 :001 – 2022/0200755. Hier gelten einige Besonderheiten bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils:
Dadurch wird erreicht, dass der gefährdete Arbeitnehmer im Ergebnis besteuert wird wie ein nicht gefährdeter Arbeitnehmer.
Auch diese liegen regelmäßig im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und müssen daher nicht versteuert werden. Übrigens: Ein Wachhund zählt nicht dazu, da er steuerlich regelmäßig der Privatsphäre des Arbeitnehmers zugeordnet wird.
Auch wenn sich das neue BMF-Schreiben nicht mit der Umsatzsteuer beschäftigt, lohnt sich hier ein genauer Blick. Denn nach A 1.8 Abs. 2 S. 7 i.V.m. Abs. 4 UStAE sind „Leistungen, die überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sind“, nicht steuerbar. Damit besteht in diesen Fällen ein Gleichklang zum Einkommensteuerrecht. Folgerichtig müssten die vom BMF genannten Sicherheitsmaßnahmen nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Der Vorsteuerabzug des Arbeitgebers (§ 15 UStG) dürfte sich schließlich danach richten, zu welchem Prozentsatz dieser vorsteuerschädliche Ausgangsumsätze erbringt. Für die meisten Unternehmen wäre jedoch ein voller Vorsteuerabzug möglich.
Das neue BMF-Schreiben bringt nur einige kleine Änderungen mit sich. Die Anhebung des Betrags in der Gefährdungsstufe 3 auf 30.000 EUR und der Hinweis auf den Werbungskostenabzug durch die Arbeitnehmer sind zu begrüßen, da diese dadurch insgesamt begünstigt werden.
Dass die Möglichkeit der Anerkennung einer abstrakten Personengefährdung ersatzlos gestrichen wurde, wirkt sich jedoch nachteilig auf die Arbeitnehmer aus. Statt einer Glaubhaftmachung der Gefährdung verlangt das BMF jedes Mal eine Gefährdungsanalyse durch die zuständige Sicherheitsbehörde. Das bringt einen hohen Verwaltungsaufwand mit sich und erfordert eine rechtzeitige Feststellung im Voraus. Insbesondere bei kurzfristigen Gefährdungslagen ergibt sich hier eine erhebliche Rechtsunsicherheit.
Arbeitgeber stehen hier vor der Herausforderung, dass sie im Zweifel nicht warten können, bis eine Gefährdungsanalyse der Behörden vorliegt, sondern unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen mit den Arbeitnehmern abstimmen müssen.
Außerdem hat es das BMF versäumt, die Regelung zu streichen, wonach eine Änderung der Gefährdungsstufe im Jahr des Einbaus Lohnsteuer auslösen kann. Bei Sicherheitsmaßnahmen sollte es auf den Zeitpunkt ihrer Vornahme ankommen.
Im Ergebnis ist für Zwecke der Lohnsteuer folgendes zu beachten:
Arbeitsrechtlich kann es aufgrund der Fürsorgepflicht geboten sein, Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen, bevor die Gefährdungsanalyse vorliegt, auch wenn die steuerliche Behandlung im konkreten Fall noch unklar ist. In diesem Fall hat der Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit, seinem Arbeitnehmer etwaige zu viel gezahlte Lohnsteuer im Wege des Lohnsteuer-Jahresausgleichs (§ 42b EStG) zurückzuerstatten.
Besonderer Dank gilt unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Lara Salomon für ihre wertvolle Unterstützung bei der Erstellung dieses Artikels.