Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte darüber zu entscheiden, wann eine Sozialplandotierung durch die Einigungsstelle für ein Unternehmen außerhalb der Insolvenz wirtschaftlich unvertretbar ist. Dies sei der Fall, wenn die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeit zu einer Illiquidität, einer bilanziellen Überschuldung oder einer nicht mehr hinnehmbaren Schmälerung des Eigenkapitals der Gesellschaft führe. Liege danach eine wirtschaftliche Unvertretbarkeit vor, sei das Ermessen der Einigungsstelle überschritten und der beschlossene Sozialplan unwirksam.
Sofern die Sozialplanverhandlungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ins Stocken geraten und eine Einigung über die genauen Konditionen eines Sozialplans nicht zustande kommt, schlichtet die sog. Einigungsstelle. Sie ist paritätisch mit vom Arbeitgeber und dem Betriebsrat bestellten Beisitzern und einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bei der Entscheidung über einen Sozialplan muss die Einigungsstelle gem. § 112 Abs. 5 S. 1 BetrVG einerseits die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer berücksichtigen, d.h. ihre wirtschaftlichen Nachteile durch die Betriebsänderung sollen ausgeglichen werden. Zum anderen hat die Einigungsstelle auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen achten. Vor diesem Hintergrund darf der Gesamtbetrag der Sozialplanleistungen nur so bemessen sein, dass der Fortbestand des Unternehmens und die verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden. Das Ermessen, das der Einigungsstelle hierbei zukommt, ist rechtlich voll überprüfbar.
Nach der Entscheidung des BAG kommt es bei der Frage der wirtschaftlichen Vertretbarkeit des Sozialplans nur auf die Verhältnisse beim jeweiligen Vertragsarbeitgeber an. Das folge bereits aus dem Wortlaut des § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 und 3 BetrVG („Unternehmen“). Dies gelte auch, wenn der Vertragsarbeitgeber einem Konzern angehöre. Durch diese Trennung könnten auch bestehende Arbeitsplätze im Konzern eher erhalten bleiben, so das BAG. Offen ließ das BAG hingegen, ob dies auch bei einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gem. § 302 Abs. 1 AktG gelte.
Grundsätzlich ist gesetzlich nicht geregelt, wann ein Sozialplan wirtschaftlich vertretbar ist und wann nicht. Dies ist immer anhand des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Grundsätzlich gilt, dass die wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer auch dann ausgeglichen werden müssen, wenn sich das Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Ein Sozialplan ist in diesem Fall nicht automatisch wirtschaftlich unvertretbar. Im Falle einer Insolvenz — die in dem vom BAG entschiedenen Fall jedoch nicht vorlag — gibt § 123 InsO vor, dass ein Gesamtbetrag von bis zu zweieinhalb Monatsverdiensten der von der Entlassung betroffenen Mitarbeiter als Sozialplanvolumen vorgesehen werden kann. Diese sog. absolute Obergrenze sei aber in Fällen außerhalb der Insolvenz nicht analog heranzuziehen und könne dann auch nicht als Orientierung bei der Sozialplandotierung dienen. Vielmehr sei bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit von außerhalb eines Insolvenzverfahrens beschlossenen Sozialplänen das Verhältnis von Aktiva und Passiva sowie die Liquiditätslage des Unternehmens zu berücksichtigen. Der Spruch der Einigungsstelle sah im konkreten Fall eine Sozialplandotierung von insgesamt EUR 2,9 Mio. vor. Demgegenüber war das Eigenkapital der Gesellschaft bereits seit mehreren Jahren vollständig aufgebraucht und es fehlte der Gesellschaft an ausreichend Liquidität, um die Sozialplanverbindlichkeiten bei ihrer Fälligkeit bedienen zu können. Zum einen war das Bankguthaben zum Großteil gepfändet. Zum anderen konnte nicht einmal eine begrenzte Liquiditätszusage der britischen Konzerngesellschaft den Engpass schließen. Nach der Entscheidung des BAG konnte die Einigungsstelle auch nicht davon ausgehen, dass sich an der finanziellen Lage kurzfristig etwas ändern würde, etwa indem Anlagevermögen verwertet würde. Es nahm deshalb in der Gesamtschau eine wirtschaftliche Unvertretbarkeit an und sah das Ermessen der Einigungsstelle deshalb überschritten.
Das BAG hat seine frühere Rechtsprechung erneut bestätigt. Die Sozialplandotierung eines in der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans muss für den Arbeitgeber wirtschaftlich vertretbar sein. Beachtet die Einigungsstelle die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens dabei nicht ausreichend, kann sie ihr Ermessen überschreiten und der Sozialplan ist in der Konsequenz aufgrund wirtschaftlicher Unvertretbarkeit unwirksam. Dabei kommt es — auch innerhalb eines Konzerns — nur auf die wirtschaftliche Lage des Vertragsarbeitgeber an.
Verfasst von Michelle Eiberger