Kürzungspläne Elterngeld – Sind Arbeitgeber nun mehr gefordert?

Geschrieben von

franziska fiedler Module
Franziska Fiedler

Associate
Deutschland

Als Associate der deutschen Praxisgruppe Arbeitsrecht und der International HR Services Group in Frankfurt berate ich meine Mandanten in allen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts, insbesondere auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung.

Mit Blick auf den Fachkräftemangel werden wohl weitere Anreize notwendig, um Vereinbarkeit von Familie & Beruf zu stärken.

Begrenzung der Elterngeldberechtigung für Besserverdienende

Am 3. Juli 2023 hatte das Familienministerium erklärt, die Einsparvorgaben der Regierung durch eine Veränderung der Anspruchsberechtigung beim Elterngeld umsetzen zu wollen. Anstatt die Lohnersatzleistung der Höhe nach für alle zu ändern, sollte die Grenze der Anspruchsberechtigung von bisher 300.000€ herabgesetzt werden. Zukünftig sollen demnach Elternpaare mit einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 150.000€ kein Elterngeld mehr erhalten.

Harsche Kritik – Ein Rückschritt mit Blick auf die Gleichberechtigung

Es folgte ein medialer Aufschrei und infolgedessen politische Schuldzuweisungen. Dass der Rotstift gerade bei einer wichtigen familienpolitischen Leistung angesetzt werden soll, die zudem seit der Einführung der Höhe nach nicht angepasst worden war, stieß bei vielen auf Unverständnis. So wurde u.a. die Kritik geäußert, dass damit tradierte Rollenmuster verfestigt und Frauen, die statistisch gesehen oft weniger als Männer verdienen, in die finanzielle Abhängigkeit getrieben werden könnten. Gleichberechtigung – so der Konsens – geht anders. Es bleibt abzuwarten, wie sich die weitere Diskussion entwickeln wird und ob wirklich noch Alternativen für die Kürzungspläne beim Elterngeld gefunden werden können.

Chance für Arbeitgeber – Mitarbeiterbindung durch sinnvolle Anreize

Arbeitgeber sind hingegen gut beraten, wenn sie die aktuelle Diskussion aufmerksam verfolgen. Es bietet sich die Chance, die bisherigen Vergütungssysteme und Arbeitsbedingungen strukturell zu überprüfen und gegebenenfalls bedarfsgerechte Anreize zu schaffen. Bei der Frage der Gewinnung und Bindung von qualifizierten Mitarbeitern könnte es eine entscheidende Rolle spielen, ob der Arbeitgeber Möglichkeiten anbietet, um etwaige durch die Sparpläne entstehende Belastungen abzumildern.

In vielen Ländern gibt es unterschiedliche Programme, die z.B. Eltern (zusätzlich) bezahlte Freistellungsmöglichkeiten bieten, die für die Kinderbetreuung nach der Geburt genutzt werden können. So könnte das Ansparen über Arbeitszeitkonten eine Möglichkeit sein, Zeiten ohne Einkommen auszugleichen. Auch wenn die Einrichtung von eigenen betrieblichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten sich oft nur in Großunternehmen sinnvoll umsetzen lassen wird, können finanzielle Unterstützungen bei der Kinderbetreuung unter Umständen hilfreich sein, um attraktive Anreize für die Mitarbeiterbindung zu setzen. Krippen- und Kinderbetreuungsplätze sind nämlich oft nicht nur Mangelware, sondern auch noch sehr kostspielig. Perspektivisch ist zu erwarten, dass von Arbeitnehmern zukünftig noch stärker gefordert werden wird, dass sich Arbeitgeber bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärker einbringen, wenn sie auf gut ausgebildete, motivierte Mitarbeiter nicht verzichten wollen.

Statt Obstkorb – Unterstützung bei Gleichberechtigung und Familien

Viele Unternehmen leiden unter dem Fachkräftemangel. Personalgewinnung aber auch die Bindung von qualifizierten Mitarbeitern stellt sich immer schwieriger dar. Das Zurverfügungstellen eines Obstkorbes wird wahrscheinlich nicht mehr der ausschlaggebende Anreiz sein, mit dem ein Arbeitgeber bei möglichen Bewerbern punkten können wird. Werden hingegen auch Familien attraktive Möglichkeiten geboten, die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere zu verbessern, flexible Arbeitszeitmodelle angeboten und gegebenenfalls finanzielle Unterstützungen offeriert, die den möglichen Ausfall staatlicher Lohnersatzleistungen mindern können, wird sich das nicht nur in der Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit äußern. Vielmehr ist zu erwarten, dass dies einen Vorteil beim Wettbewerb um gutes Fachpersonal darstellen wird. In Zeiten des Fachkräftemangels können es sich Unternehmen schlicht nicht mehr leisten, auf Eltern als Arbeitnehmer zu verzichten. Es wäre fatal würden gut ausgebildete Frauen auf traditionelle Rollenmuster zurückfallen und dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen, aber auch gesellschaftspolitisch ist es wichtig, Väter bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung bei der Care-Arbeit zu unterstützen. Arbeitnehmer, die sich wertgeschätzt fühlen, deren Vereinbarungskonflikte gesehen und denen Unterstützung angeboten werden, werden das durch Motivation und Loyalität danken.

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