Die elektronische Form soll im BGB als Regelfall eingeführt werden. Diese Änderung beträfe auch die Form der Kündigung von Arbeitsverträgen.
Nach aktueller Rechtslage bedürfen Kündigungen von Arbeitsverhältnissen der Schriftform (§§ 623, 126 BGB), wobei die elektronische Form ausdrücklich ausgeschlossen ist (§ 623 BGB). Zwingend notwendig ist also eine „hard-copy“ Version, die in nasser Tinte unterschrieben wird. Ein elektronisch erstelltes Kündigungsschreiben, was wohl der Regelfall ist, muss folglich ausgedruckt, seitens des Arbeitgebers von einer zur Kündigung ermächtigten Person eigenhändig unterschrieben und persönlich übergeben bzw. per Post oder Boten zugestellt werden. Praxisnah ist ein solches Vorgehen im Jahr 2023 wohl nicht mehr.
Diese häufig als hinderlich angesehene Schriftformvorgabe ist im internationalen Vergleich eher die Ausnahme (geworden) und wird gerade in international agierenden Konzernen regelmäßig irritiert zur Kenntnis genommen. Häufig sitzen Entscheidungsträger:innen nicht in Deutschland und ein aufwendiges Versenden von Schriftstücken um den Globus ist notwendig. Kosten und Zeit effizient ist ein solches Vorgehen in aller Regel nicht. Nachhaltig ist das Verschicken einzelner Schriftstücke zudem ebenfalls nicht.
Ursprünglich war Sinn und Zweck der Schriftform der Schutz des/der Arbeitnehmer:in. In dem gerade die elektronische Form ausgeschlossen wurde, sollte der/die Arbeitnehmer:in sicher sein, dass der Arbeitgeber auch wirklich Herausgeber des Schreibens ist. Darüber hinaus ist auch die Echtheit des Schreibens zumindest derzeit noch in schriftlicher Form regelmäßig gesicherter festzustellen. Das Missbrauchsrisiko in der elektronischen Form wird weiter als höher eingestuft als in der schriftlichen Form, obwohl es mittlerweile sichere Alternativen mittels qualifizierter elektronischer Form gibt.
Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses betrifft ebenso wie dessen Begründung einen besonders sensiblen Bereich der betroffenen Person. Bisher ist daher die Schriftform verpflichtend und die elektronische Form ausgeschlossen.
Die Bedenken hinsichtlich der Schutzfunktion sind durchaus begründet. Während ein Teil der Gesellschaft längst in einem vollständig digitalisierten Alltag lebt und arbeitet, ist der andere Teil noch weitestgehend analog unterwegs. Was für den einen also hinderlich wirkt, kann für den anderen überraschend sein. Dies ist keinesfalls nur eine Frage des Alters oder von Interessen der betroffenen Personen. Vielmehr zeigt es auf, in welchen Lebensräumen und Branchen die Digitalisierung verschlafen wurde.
Nach den Änderungsvorschlägen im Eckpunktepapier des Bundesjustizministers Dr. Marco Buschmann zeigt sich bereits eine Tendenz:
Um einen Ausgleich zwischen den Interessen des Arbeitnehmer:innenschutzes und der Leichtigkeit des Schriftverkehrs zu gewährleisten, könnte ein Mittelweg beschritten werden: Die Schriftform bliebe nach den derzeitigen Plänen des Bundesjustizministers für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwar grundsätzlich erforderlich, sie könnte möglicherweise aber nicht mehr eine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellung sein.
Konkret bedeutet dies: Zugunsten der Vereinfachung des Schriftverkehrs soll nach dem Eckpunktepapier die Wirksamkeit der Kündigung nicht mehr von der Zustellung eines schriftlichen Dokuments abhängig gemacht werden. Eine digitale Kopie der Kündigung, die per E-Mail oder Messenger zugestellt wird, könnte damit grundsätzlich ausreichen. Der/die Arbeitnehmer:in soll aber einen Anspruch haben, das Originalschreiben einzufordern. Auf diese Weise könnte der/die Arbeitnehmer:in das originale Schreiben selbst prüfen bzw. prüfen lassen. Die Vorteile der Schriftform würden zugunsten des Individualschutzes also im Wesentlichen gewahrt bleiben.
Das Eckpunktepapier weist darüber hinaus jedoch einen bekannten Zusatz aus: Den Besonderheiten des Arbeitsrechts soll Rechnung getragen werden. Die Umsetzung im Bereich des Arbeitsrechts kann demnach also durchaus anders gestaltet werden.
Die wesentlichen Änderungen werden direkt in den allgemeinen Formvorschriften der §§ 126 ff. BGB zu finden sein. § 126a BGB macht derzeit deutlich, dass „die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden“ kann. Wobei mit elektronischer Form die qualifizierte elektronische Form gemeint ist. Die Schriftform des § 126 BGB ist also der gesetzliche Regelfall. Genau dieses Regel-/Ausnahmeverhältnis soll zukünftig geändert werden. Diese Änderung müsste dann auch in § 623 BGB berücksichtigt werden.
Auch das Nachweisgesetz soll nach dem Eckpunktepapier abgeändert werden. Dies betrifft die Kündigung zwar nicht unmittelbar, verdeutlicht aber, dass die Form des arbeitsrechtlichen Rechtsverkehrs insgesamt einen deutlichen Wandel erfahren wird. Die Änderungsvorschläge sind hierbei wegweisend: Der Arbeitsvertrag soll künftig auch in der elektronischen Schriftform geschlossen werden können – Bußgelder würden hier im Falle eines elektronischen Vertragsschlusses nicht mehr drohen. Hierbei soll aber gesichert werden, dass auch die Arbeitnehmer:innen mit dem Umgang digitaler Dokumente vertraut sind.
Das Eckpunktepapier von Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann lässt hoffen. Es ist nur etwas mehr als eineinhalb Jahre her, dass das Nachweisgesetz reformiert und die (handschriftliche) Schriftform im arbeitsrechtlichen Rechtsverkehr damit noch stärker forciert wurde.
Die massive Kritik aus der Praxis scheint sich nun auch im Entbürokratisierungsprozess niederzuschlagen. Die Pläne der Bundesregierung ermöglichen eine längst erforderliche Digitalisierung des arbeitsrechtlichen Schriftverkehrs und lassen doch genügend Raum für den Schutz des/der Adressat:in und – wo erforderlich – auch für die tradierte Schriftform.