„Recht auf Reparatur“-Richtlinie 2024/1799 veröffentlicht: Auswirkungen und Änderungen für Wirtschaftsakteure in der EU

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Miriam Richter

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Am 10. Juli 2024 wurde die Richtlinie (EU) 2024/1799 über gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren („Recht auf Reparatur-Richtlinie“) im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Richtlinie zielt darauf ab, die Nutzungsdauer von Verbraucherprodukten zu verlängern, indem sie repariert werden. Zu diesem Zweck legt sie den Wirtschaftsakteuren in der EU umfangreiche Verpflichtungen zur Reparatur von Produkten außerhalb des Haftungszeitraums (im deutschen Recht: außerhalb der Gewährleistungsfrist) des Verkäufers auf. Darüber hinaus schafft sie Anreize zur Reparatur (Nachbesserung) im Rahmen der Nacherfüllung und sieht so eine Änderung der Warenkauf-Richtlinie vor.

Hintergrund und Ziele der Richtlinie

Auch die Recht auf Reparatur-Richtlinie ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie der EU, dem sogenannten Green Deal. Mit der Recht auf Reparatur-Richtlinie verfolgt die EU das Ziel, eine umweltfreundliche Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Die Richtlinie ist daher als direkte Fortführung der kürzlich verabschiedeten Ökodesign-Verordnung 2024/1781 zu verstehen. Während die Ökodesign-Verordnung auf der Ebene der Produktgestaltung ansetzt und u.a. vorsieht, dass Produkte reparierfähig konstruiert werden müssen (siehe hierzu unseren Client Alert vom 9. Juli 2024), soll die Recht auf Reparatur-Richtlinie die tatsächliche Durchführung einer solchen Reparatur fördern, indem sie den Verbrauchern einen entsprechenden Anspruch einräumt. Flankiert werden diese beiden Rechtsakte durch die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel 2024/825 (siehe für einen Gesamtüberblick zu den drei Rechtsakten unseren Client Alert vom 26. Februar 2024).

Betroffene Wirtschaftsakteure und Produktkategorien

Die Recht auf Reparatur-Richtlinie richtet sich an sämtliche Wirtschaftsakteure entlang der Vertriebs- und Lieferkette. Primär verpflichtet sie den Hersteller, subsidiär den Bevollmächtigten des Herstellers, den Importeur und Vertreiber. Im Rahmen der Änderung der Warenkauf-Richtlinie richtet sie sich an den Verkäufer von Waren.

Die zentralen Verpflichtungen der Wirtschaftsakteure beschränken sich auf Produkte, die unter die in Anhang II der Richtlinie aufgeführten EU-Rechtsakten fallen. Die dort aufgeführten Produkte – Haushaltswaschmaschinen, -trockner, -geschirrspüler, Kühlgeräte, Elektronische Displays, Schweißgeräte, Staubsauger, Server und Datenspeicherprodukt, Smartphones, Tablets sowie Produkte, die Batterien für leichte Verkehrsmittel enthalten, wie etwa E-Bikes und E-Scooter – sind Produkte, für die bereits Ökodesign-Anforderungen festgelegt wurden. Alle Wirtschaftsakteure sollten daher den Erlass neuer delegierter Rechtsakte der EU zu Ökodesign-Anforderungen für bestimmte Produktgruppen aufmerksam verfolgen.

Überblick über besonders wichtige Vorschriften

Im Folgenden stellen wir die für die Wirtschaftsbeteiligten besonders wichtigen Regelungen dar. Da es sich bei dem EU-Rechtsakt um eine Richtlinie handelt, ergeben sich die konkreten Pflichten aus den nationalen Umsetzungsvorschriften. Da die Richtlinie jedoch in Art. 3 vorschreibt, dass die Mitgliedstaaten keine abweichenden Regelungen beibehalten oder einführen dürfen, werden sich die nationalen Regelungen kaum unterscheiden.

  • Einführung eines Rechts auf Reparatur für die in Annex II aufgeführten Produkte (Art. 5):
    • Verpflichtung zur Reparatur von Waren in dem Umfang, in dem dies in den in Anhang II aufgeführten Rechtsakten vorgesehen ist. Der Hersteller kann die Reparaturen an Dritte untervergeben. Es besteht keine Pflicht zur Reparatur, soweit eine solche unmöglich ist (Art. 5 Abs. 1).
    • Die Reparatur muss unentgeltlich oder zu einem angemessenen Preis und innerhalb eines angemessenen Zeitraums ab dem Zeitpunkt, ab dem der Hersteller die Ware physisch in Besitz hat, die Ware erhalten hat oder vom Verbraucher Zugang zu der Ware erhalten hat, erfolgen (Art. 5 Abs. 2).
    • Die Pflicht trifft primär den Hersteller und in nachgeordneter Stellung auch den Bevollmächtigten, Importeur oder Vertreiber des Produkts (Art. 5 Abs. 3).
    • Stellt der Hersteller Ersatzteile und Werkzeuge bereit, muss er dies zu einem angemessenen Preis tun, der von einer Reparatur nicht abschreckt (Art. 5 Abs. 4).
    • Pflicht, die Verbraucher über frei zugängliche Homepages über Richtpreise für die Reparatur der Produkte zu informieren (Art. 5 Abs. 5)
    • Verbot der Einschränkung/Behinderung von Reparaturen von Waren durch Vertragsklauseln oder Hard- oder Softwaretechniken, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist. Auch dürfen Hersteller die Verwendung von mit 3D-Druckern hergestellten Ersatzteilen durch unabhängige Reparaturbetriebe nicht behindern (Art. 5 Abs. 6).
    • Hersteller dürfen die Reparatur nicht allein aus dem Grund ablehnen, dass zuvor eine Reparatur durch einen anderen Reparateur erfolgt ist (Art. 5 Abs. 7).
    • Verpflichtung zur kostenlosen Bereitstellung von Informationen über die Reparaturdienstleistungen in leicht zugänglicher, klarer und verständlicher Weise während der gesamten Dauer der Reparaturverpflichtung (Art. 6)

       

  • Änderung der Warenkauf-Richtlinie/Mängelgewährleistungsrechts
    • Verlängerung des Haftungszeitraums um 12 Monate (oder länger), wenn im Rahmen der Nacherfüllung die Nachbesserung als Abhilfe erfolgt ist (Art. 16 Nr. 2 a),b)); Mitgliedstaaten, die – wie Deutschland – anstelle einer Haftungsfrist lediglich eine Verjährungsfrist vorsehen, müssen gewährleisten, dass die Verjährungsfrist für die Abhilfen im Falle einer Nachbesserung mindestens drei Jahre beträgt oder länger (Art. 16 Nr. 2 c), b)).
    • Verpflichtung des Verkäufers, den Käufer über die Wahlmöglichkeit bei der Nacherfüllung sowie über die Verlängerung der Gewährleistungsfrist bei Wahl der Nachbesserung zu informieren (Art. 16 Nr. 3).

       

  • Einführung eines Europäischen Formulars für Reparaturinformationen, dass Reparaturbetriebe Verbrauchern freiwillig zur Verfügung stellen können (Art. 4)
  • Einrichtung einer Europäischen Online-Plattform für Reparaturen zur Erleichterung des Auffindens von Reparaturwerkstätten in der EU (Art. 7)
  • Mitgliedstaaten müssen mindestens eine Maßnahme zur Förderung der Reparatur ergreifen (Art. 13)

Durchsetzung der Richtlinie und Konsequenzen bei Verstößen

Zum einen verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten, geeignete und wirksame Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung der Richtlinie sicherzustellen (Art. 11). Dazu gehört auch die Möglichkeit für Behörden, bestimmte Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen sowie Berufsverbände, die Anwendung der nationalen Vorschriften vor Gericht oder bei Verwaltungsbehörden durchzusetzen.

Zum anderen müssen die Mitgliedstaaten effektive, angemessene und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen die zur Implementierung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften vorsehen und deren Durchsetzung gewährleisten (Art. 15).

Zeitplan für die Anwendbarkeit und Ausblick

Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis spätestens 31. Juli 2026 in nationales Recht umsetzen und ab diesem Zeitpunkt anwenden. In diesem Zusammenhang wäre es wünschenswert, wenn sich der deutsche Gesetzgeber mit der (umstrittenen) Frage des Neubeginns der Verjährung im Falle der Nachlieferung oder Nachbesserung auseinandersetzt, um zukünftige Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.

Auf nationaler Ebene soll bereits 2024 ein von der Richtlinie unabhängiges Reparaturgesetz vorgelegt werden, das die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Reparaturanleitungen sicherstellen soll. Dieses soll die Hersteller verpflichten, Ersatzteile für ihre Produkte für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren vorzuhalten und innerhalb von 14 Tagen zu einem angemessenen Preis zur Verfügung zu stellen, so dass die Reparatur im Vergleich zum Neukauf wirtschaftlich rentabel ist.

Wir beraten Sie gerne zu allen Fragen rund um die „Recht auf Reparatur“-Richtlinie. Nehmen Sie gerne Kontakt zu unserem Team auf!

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