Befristete Arbeitsverträge zur Vertretung anderer Arbeitnehmer sind gemäß § 14 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 3 TzBfG grundsätzlich erlaubt. Doch wie wirkt sich eine bestehende Arbeitsunfähigkeit des Vertretenden auf die Zulässigkeit aus? Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Juni 2024 beantwortet (Urt. v. 12.6.2024 – 7 AZR 188/23).
Der betroffene Arbeitnehmer war bei der Arbeitgeberin auf Grundlage eines wiederholt befristeten Arbeitsvertrages angestellt. Vor Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages, der als Sachgrund für die Befristung die „Vertretung wegen vorübergehender Abwesenheit des Mitarbeiters […]“ beinhaltete, erkrankte der Arbeitnehmer.
Infolge der Erkrankung teilte der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin seine Arbeitsunfähigkeit mit und reichte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein. Die betreffende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wies eine kürzere Dauer auf als die im streitgegenständlichen Arbeitsvertrag festgelegte Zeit für die Vertretung. Erst die im Nachgang eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen führten schlussendlich zu einer Überlagerung der Arbeitsunfähigkeit mit dem gesamten Vertretungszeitraum.
In seiner Entscheidung stellte das BAG fest, dass die Wirksamkeit der Befristung zum Zwecke der Vertretung beeinträchtigt sein kann, wenn der Arbeitnehmer während der gesamten Dauer des befristeten Arbeitsvertrages arbeitsunfähig erkrankt ist und dies zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses feststeht.
Grundsätzlich sei eine Kausalität zwischen dem Ausfall des zu vertretenden Arbeitnehmers und der Einstellung des Vertreters erforderlich, die allerdings fehlen kann, wenn bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages feststeht, dass der einzustellende Vertreter während des gesamten Zeitraumes die von ihm geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich nicht erbringen können wird. Maßgeblich ist dabei die Kenntnis des Arbeitgebers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
Das Ausmaß der Kenntnis ist dabei insbesondere anhand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu bewerten. Die vor Vertragsschluss vorliegende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung — auf die es nach Ansicht des BAG allein ankommt — wies hier nur einen voraussichtlichen Zeitraum von etwa einem Viertel der streitgegenständlichen Befristungsdauer aus. Die Angabe einer "voraussichtlichen" Dauer in der Bescheinigung ist für die Beurteilung des Sachverhalts nicht von Bedeutung. Dies ist lediglich der Vorgabe des Gesetzgebers geschuldet, die vorsieht, dass regelmäßig nur eine „voraussichtliche Dauer“ bescheinigt werden soll.
Die Arbeitgeberin durfte nach Ansicht des BAG auf die attestierte Arbeitsunfähigkeitsdauer vertrauen. Dies gilt nach Auffassung des BAG auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer weitere Angaben zu seiner Arbeitsunfähigkeit macht, die zu einer Unsicherheit über den Einsatz des Arbeitnehmers als Vertreter führen können.
Nach Begutachtung des hiesigen Sachverhalts kam das BAG daher zu der Entscheidung, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam war. Erst im Laufe des Arbeitsverhältnisses stellte sich heraus, dass der Arbeitnehmer bis zum Ende des Vertragszeitraums arbeitsunfähig erkrankt war. Die erforderliche Kausalität war damit im maßgeblichen Zeitpunkt gegeben.
Sofern der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag zum Zwecke der Vertretung anderer Arbeitnehmer befristen möchte, sollte er bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte vor Vertragsschluss prüfen, inwieweit diese Vertretung realisierbar ist. Dabei kommt es für die Zulässigkeit stets auf den konkreten Kenntnisstand des Arbeitgebers im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses an.
Wichtigster Anknüpfungspunkt für diese Prüfung ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Der Arbeitgeber kann sich auf die dort angegebene Dauer verlassen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sollte von dem Arbeitgeber daher sorgsam in den Blick genommen werden. Je länger die bescheinigte Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist, desto mehr Vorsicht ist von Seiten des Arbeitgebers geboten.