Vor dem Hintergrund der Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) oder besser bekannt als "Heizungsgesetz", von der wir in der ersten Ausgabe unseres ESG-Newsletters im September berichtet haben, sind weitere europäische und nationale Gesetzgebungsverfahren in den Hintergrund gerückt: die Reform der Energieeffizienzrichtlinie (EED) und die Verabschiedung des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG). Dieser Artikel soll einen Überblick zu den Auswirkungen der EED und des EnEfG bieten.
Im April 2023 hatte die Bundesregierung den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorgelegten Entwurf des EnEfG beschlossen. Hintergrund des Vorschlags ist, wie bereits bei der Reform des GEG, die Verpflichtung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten bis 2050 klimaneutral zu werden ("EU-Green Deal") und in diesem Zusammenhang bereits bis 2030 die Netto-Treibhausgasemissionen, um mindestens 55 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu senken ("Fit für 55"). Um diese Ziele zu erreichen, wollte Deutschland eine Vorreiterrolle spielen und das EnEfG sollte noch vor der geplanten Reform der EED auf europäischer Ebene verabschiedet werden.
Das EU-Parlament und der Rat haben die Reform der EED im Juli 2023 verabschiedet.
Der Plan der Bundesregierung, das EnEfG noch vor der Sommerpause des Bundestages zu verabschieden, scheiterte an der Beschlussunfähigkeit des Bundestages am letzten Sitzungstag. Am 21. September 2023 hat der Bundestag das EnEfG dann im zweiten Anlauf beschlossen, es wurde sodann am 20. Oktober 2023 durch den Bundesrat gebilligt und es ist zu erwarten, dass das EnEfG vor Ende 2023 verkündet wird und damit in Kraft tritt.
Ziel der Reform der EED ist es den Endenergieverbrauch, d.h. den Gesamtenergieverbrauch von Endverbrauchern, EU-weit bis 2030 um 11,7 % im Vergleich zu den Prognosen für 2020 zu senken. Bis 2030 müssen die Mitgliedstaaten im Durchschnitt 1,5 % Endenergie pro Jahr einsparen; beginnend mit 1,3 % im Jahr 2025 und schließlich auf 1,9 % bis Ende 2030 steigend. Der öffentliche Sektor soll mit gutem Beispiel vorangehen und den jährlichen Energieverbrauch um 1,9 % senken, wobei der öffentliche Verkehr und die Streitkräfte ausgenommen werden können. Alle Mitgliedstaaten sind verpflichtet bis 2024 in ihren integrierten nationalen Energie- und Klimaplänen (NEKP) ihre nationalen Beiträge zur Erreichung dieses Ziels festzulegen. Der EU-Kommission wird in diesem Zusammenhang die Möglichkeit eingeräumt, die festgesetzten nationalen Ziele erforderlichenfalls zu korrigieren.
Mit dem EnEfG sollen die Vorgaben der EED im deutschen Recht implementiert werden. Ausdrückliches Ziel des EnEfG ist es den Endenergieverbrauch Deutschlands im Vergleich zum Jahr 2008 bis zum Jahr 2030 um mindestens 26,5 % zu senken.
Ferner ist festgelegt, dass die Bundesregierung anstrebt, den Endenergieverbrauch Deutschlands im Vergleich zum Jahr 2008 bis zum Jahr 2045 um 45 % zu senken.
Zur Erreichung des Ziels werden zunächst öffentliche Stellen in die Pflicht genommen. Öffentliche Stellen mit einem jährlichen Gesamtenergieverbrauch von mehr als 1 Gwh/a sind bis zum Jahr 2045 zu jährlichen Einsparungen beim Endenergieverbrauch in Höhe von 2 % verpflichtet.
Im Hinblick auf die Privatwirtschaft sind die im EnEfG neu etablierten Pflichten für Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh/a hervorzuheben: Diese Unternehmen, gleich welche Branche, werden verpflichtet, Abwärme zu vermeiden bzw. zu verringern und wiederzuverwenden. Diese Verpflichtungen sind freilich sehr vage und allgemein gehalten. So müssen Maßnahmen zur Vermeidung und Wiederverwendung von Abwärme technisch, wirtschaftlich und betrieblich zumutbar sein. Im Gegensatz zum EnEfG enthalten das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die dazu ergangenen Rechtsverordnungen für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen bereits heute spezielle Vorgaben für eine Vermeidung und Nutzung von Abwärme. Energie- oder Umweltmanagementsysteme (z.B. EMAS) sind nun innerhalb von 20 Monaten nach Inkrafttreten des EnEfG von allen Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh/a einzurichten. Durch diese Verpflichtung soll gewährleistet werden, dass Unternehmen ihren Endenergieverbrauch kontinuierlich überprüfen und ihre Energieeffizienz steigern.
Anders bei Rechenzentren: Mit dem EnEfG werden in Deutschland erstmals sehr konkrete verbindliche Vorgaben für die Energieeffizienz von Rechenzentren festgesetzt. So muss eine Energieverbrauchseffektivität (Verhältnis des Energiebedarfs des Rechenzentrumsbetriebs zum Energiebedarf für den Betrieb der IT im Rechenzentrum) von 1,2 bei neuen Rechenzentren bzw. 1,3 bei Bestands-Rechenzentren erreicht werden. Zudem muss der Anteil an wiederverwendbarer Energie, abhängig von der Inbetriebnahme des Rechenzentrums, zwischen 10 % und 20 % betragen. Das soll erreicht werden, indem die Abwärme vom Rechenzentrum in ein Fernwärmenetz eingespeist wird, was die Auswahl eines günstigen Standorts für ein Rechenzentrum deutlich einschränkt.
Ab 2027 müssen alle Rechenzentren zudem ihren gesamten Strom jedenfalls bilanziell aus erneuerbaren Energien beziehen. „Bilanziell“ meint, dass der Bezug von grünem Strom über den Erwerb entsprechender Zertifikate dargestellt werden kann.
Um die Transparenz zu erhöhen, wird ein sog. Energieeffizienzregister eingeführt, in dem vor allem Energieeffizienz-Daten über den Rechenzentrumsbetrieb veröffentlich werden.
Mit der Reform der EED wird das Programm "Fit für 55" der EU-Kommission umgesetzt, indem die Mitgliedstaaten verbindlich zu nationalen Beiträgen zur Senkung des Energieverbrauchs verpflichtet werden. Freilich können die Mitgliedsstaaten in weiten Teilen selbst über die Einsparmaßnahmen entscheiden.
Deutschland geht mit dem EnEfG bei den Vorgaben für Rechenzentren über die in der EDD vorgegeben Maßnahmen hinaus. Ansonsten kann festgestellt werden, dass es für die Verlautbarung von Absichten der Bundesregierung und zu einer Selbstbindung der öffentlichen Verwaltung keines Gesetzes bedurft hätte.
Sehr deutlich wird nur eine Branche, nämlich die Rechenzentrumsindustrie, mit konkreten Vorgaben und Anforderungen adressiert, die über das Erfordernis, von „grünen Zertifikaten“ den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien mitfinanzieren wird. Die Branche meint, die Regelungen stellen ein weiteres erhebliches Hindernis für den Betrieb von Rechenzentren in Deutschland dar.
Die sehr allgemein gehaltene Verpflichtung der übrigen Branchen, ungenutzte Abwärme zu vermeiden bzw. zu verringern, ist kein wirklicher Wegzeiger für die Beiträge der Industrie insgesamt zur Erreichung der selbstgesteckten Klimaziele.
Es wird an der Politik liegen, angemessene Schlüsse aus der Anwendung des EnEfG für den Fortgang der Rechenzentrumsindustrie und den übrigen Industrien in Deutschland zu ziehen.