Durchführung und Kostentragung von Modernisierungsmaßnahmen in laufenden Mietverhältnissen

Geschrieben von

amelia weber Module
Amelia Weber

Associate
Deutschland

Als Associate bin ich Teil des Teams in unserem Frankfurter Büro und Mitglied der internationalen Praxisgruppen Immobilienrecht sowie Restrukturierung und Insolvenzrecht.

Mit über 30 % der in Deutschland verursachten Treibhausgasemissionen kommt dem Gebäudesektor bei Erreichung der Klimaziele eine entscheidende Rolle zu. Ein Fokus liegt daher auf der energetischen Modernisierung von Bestandsgebäuden. Pflichten hierzu ergeben sich u.a. aus dem reformierten und zu Anfang des Jahres 2024 in Kraft getretenen Gebäudeenergiegesetz (GEG), über das wir in unserem Newsletter vom 20. September 2023 berichtet haben. Zusätzlich legen Mieter steigenden Wert auf eine höhere Energieeffizienz von Gebäuden. In vermieteten Bestandsgebäuden besteht dabei die Besonderheit, dass Vermieter für die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen verantwortlich sind und hierfür zunächst die Kosten tragen, während vordergründig die Mieter von den daraus resultierenden Vorteilen wie zum Beispiel den Einsparungen bei Heiz- und Wasserkosten profitieren. Für Vermieter stellt sich mithin die Frage, ob Kosten für Modernisierungsmaßnahmen auf den Mieter umgelegt werden können.

Modernisierungsmaßnahmen

Der Begriff der „Modernisierungsmaßnahmen“ wird in § 555b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) legal definiert. Anknüpfungspunkt für Modernisierungsmaßnahmen ist stets die bauliche Veränderung eines Gebäudes, selbst wenn diese nur geringfügig ist. Sofern im Folgenden von Modernisierungsmaßnahmen gesprochen wird, sind damit solche im Sinne von § 555b BGB gemeint. Beispiele sind der Einbau von neuen den Anforderungen des GEG entsprechenden Heizungsanlagen, die auf mindestens 65 % erneuerbaren Energien basieren, der Anschluss an ein Fernwärmenetz, die Anschaffung wassersparender Armaturen, die Errichtung von E-Ladesäulen oder der Anschluss an ein Glasfasernetz.

Kein Anspruch auf Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen

Mieter haben grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen, soweit dies nicht vertraglich vereinbart wurde.

In bestimmten Fällen kann der Mieter jedoch selbstständig Modernisierungsmaßnahmen durchführen und hat gegen den Vermieter einen Anspruch auf Duldung, § 554 BGB. Dies gilt zum Beispiel für die Errichtung von E-Ladesäulen. Die Bundesregierung plant zudem die Erstreckung der Duldungspflicht auf die Installation von sog. Steckersolargeräten, besser bekannt als Balkonkraftwerke (BT Drs. 20/9890).

Pflicht zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen und Einschränkung des Minderungsrechts

Andererseits hat der Vermieter einen Anspruch gegen den Mieter auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen, es sei denn, dass besondere Härtegründe vorliegen, § 555d BGB. Eine besondere Härte kann zum Beispiel der zum Zwecke der Durchführung der Modernisierungsmaßnahme notwendige mehrmonatige Auszug des Mieters darstellen.

Obwohl der Mieter grundsätzlich zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen verpflichtet ist, ist eine Mietminderung wegen Nutzungsbeeinträchtigungen oder Baulärms während der Modernisierungsarbeiten nicht ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt für die energetische Sanierung, die in Bezug auf die Mietsache zum Beispiel durch eine verbesserte Wärmedämmung oder den Einbau neuer Fenster zur Einsparung von Endenergie beiträgt. Hier kommt eine Mietminderung wegen Beeinträchtigungen für einen Zeitraum von drei Monaten kraft Gesetzes nicht in Betracht, ohne dass hierbei nach dem Maß der Beeinträchtigung differenziert wird, § 536 Abs. 1a BGB.

Besonders für den Gewerberaummieter mit Publikumsverkehr, bspw. beim Einzelhandel oder der Gastronomie, kann dies zu einschneidenden Einschränkungen im Geschäftsbetrieb und damit bei der Erwirtschaftung der Miete führen. Bei direkt nacheinander durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen besteht außerdem die Gefahr, dass die Dreimonatsfrist faktisch um ihr Vielfaches ausgedehnt wird. Die Duldungspflicht besteht dabei auch bei sog. „Luxusmodernisierungen“ – wenn also ein bereits hoher energetischer Gebäudestandard besteht, bei dem durch die Modernisierungsmaßnahmen nur geringfügig gesteigerte Einspareffekte für den Mieter erzielt werden.

Kostentragung für Modernisierungsmaßnahmen und neu entstehende Betriebskosten

Führt der Vermieter bestimmte Modernisierungsmaßnahmen durch, kann er die Errichtungskosten jedenfalls teilweise durch Erhöhung der zu zahlenden Miete auf den Mieter von Wohnraum umlegen. Hierbei hat der Vermieter die Wahl: Er kann die Miete entweder im Rahmen des ortsüblichen Vergleichsmietensystems erhöhen (§ 558 BGB), wobei auf den modernisierten Zustand abgestellt wird, oder aufgrund der für die Wohnung aufgewendeten Kosten für die Modernisierungsmaßnahmen selbst (§ 559 BGB).

Neben der Erhöhung der Miete stellt sich die Frage, ob der Mieter auch mit durch die Modernisierungsmaßnahmen etwaig neu entstehenden Betriebskosten belastet werden kann. Umgelegt werden dürfen zunächst diejenigen Betriebskosten, die zwischen den Mietvertragsparteien vereinbart wurden. Da Modernisierungsmaßnahmen jedoch zur Änderung des Vertragsgegenstandes führen und der bisherige Mietvertrag hinsichtlich der neuen Betriebskosten typischerweise eine Regelungslücke aufweist, ist diese im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, sodass der Vermieter die neu entstehenden Betriebskosten auf den Mieter umlegen kann.

In Gewerbemietraumrecht existieren keine vergleichbaren gesetzlichen Regelungen zur Mieterhöhung. Aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist jedoch kaum nachvollziehbar, warum Kosten von Modernisierungsmaßnahmen teilweise auf Mieter von Wohnräumen, nicht jedoch auf Mieter von Gewerberäumen umgelegt werden können. Anreize für Vermieter, Modernisierungsmaßnahmen in vermieteten Gewerberäumen durchzuführen, erscheinen daher gering.

Zusätzlich von der Vornahme von Modernisierungsmaßnahmen abhalten wird den Vermieter das dem Mieter bei Modernisierungsankündigung zustehende außerordentliche Kündigungsrecht, § 555 e BGB, wenn dieses nicht vertraglich ausgeschlossen ist. Für den Vermieter besteht die Gefahr, dass der Mieter dieses zur vorzeitigen Beendigung von unliebsamen langfristigen Mietverträgen ausnutzt.

Abweichende Vereinbarungen in gewerblichen sog. "Grünen Mietverträgen"

In Gewerbemietraumverträgen besteht ein großer vertraglicher Gestaltungsspielraum, zum Beispiel im Rahmen von sog. „Grünen Mietverträgen“, die sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. Ein „Grüner Mietvertrag“ ist ein Mietvertrag, der neben üblichen Regelungen weitergehende Regelungen zur möglichst nachhaltigen Bewirtschaftung und Nutzung eines Gebäudes enthält.

Vor dem Hintergrund der dargestellten gesetzlichen Regelungslücken bzw. der gesetzlich teilweise geregelten einseitigen Belastungen und Risiken ist die Aufnahme von Regelungen zur Durchführung und zur Kostenumlage bei Modernisierungsmaßnahmen in gewerblichen Mietverträgen zu empfehlen. In Wohnraummietverträgen sind zu Lasten des Mieters hingegen keine generellen Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen möglich. Abweichende Vereinbarungen sind nur aus Anlass einer konkreten Modernisierungsmaßnahme und nur im beschränkten Umfang im Rahmen einer sog. Modernisierungsvereinbarung möglich, § 555f BGB. 

Fazit

In abzuschließenden Mietverträgen sollte die gesetzlich vorgeschriebene oder aufgrund eigenen Antriebs einer Vertragspartei bestehende Möglichkeit der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund der Erreichung der Klimaziele ist zu erwarten, dass künftig weitere Modernisierungsmaßnahmen gesetzlich vorgeschrieben werden. Diese können erheblichen Einfluss auf laufende Mietverhältnisse haben. Soweit möglich, sollte die Durchführung sowie die Kostentragung von Modernisierungsmaßnahmen daher im Mietvertrag von Anfang an oder jedenfalls im Rahmen einer sog. Modernisierungsvereinbarung interessengerecht geregelt werden, um derzeit bestehenden gesetzlichen Regelungslücken oder gesetzlichen Regelungen zu Lasten einer Partei entgegenzuwirken.

 

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